In Wien und Velden

Chris Jagger: Der kleine Superstar-Bruder live

Musik
01.05.2025 09:00

Er steht zeit seines Lebens im Schatten seines Promi-Bruders Mick, hat sich aber als Künstler in verschiedenen Bereich längst davon emanzipiert. Jetzt kommt Chris Jagger wieder einmal live nach Österreich. Vor den Gigs in Wien und Velden hat die „Krone“ den Briten zum Gespräch gebeten.

kmm

Was macht man, wenn der ältere Bruder in seiner Profession der größte Star der Welt ist? Am besten etwas anderes, damit man nicht in Minderwertigkeitskomplexen ersäuft. So oder so ähnlich muss sich die frühe Jugend bei den Jaggers zugetragen haben. Während Mick als Frontmann der Rolling Stones neben seinem Kollegen Keith Richards und Beatle Paul McCartney die größte lebende Koryphäe der Pop- und Rockhistorie ist, hat sein kleiner Bruder Chris im Windschatten davon bewusst eine andere Karriere gestartet. Er designte zum Beispiel eine ikonische Bühnenjacke für die Gitarrenlegende Jimi Hendrix, spielte sechs Monate lang in Tel Aviv im Musical „Hair“ mit und spielte an der Seite von ex-James Bond Pierce Brosnan am Glasgower Citizens‘ Theatre. Sein erstes Album veröffentlichte der kleine Jagger erst mit Mitte 20. „You Know The Name But Not The Face“, bewusst selbstironisch betitelt, führte aber nicht zu einer großen Karriere, wie sie das Bruderherz zu dieser Zeit schon mehr als zehn Jahre lang hatte.

Ein gutes Verhältnis zueinander
„Die Musik hat mir immer großen Spaß gemacht, aber sie war nicht meine künstlerische Hauptantriebsfeder“, erzählt Chris Jagger der „Krone“ im Interview, „in den 70ern sind drei Alben rausgekommen, deren Songs ich immer noch gerne spiele und die mir großen Spaß machen.“ Chris Jagger erkannte früh, dass er musikalisch nicht in dieselbe Kerbe wie sein Bruderherz schlagen würde und kam deshalb auch gut damit klar, dass ihm kein derart großer Erfolg beschienen war. Diese Erkenntnis führte auch dazu, dass das Verhältnis zwischen den Brüdern immer ein gutes war. Man telefoniert oft miteinander, die Großfamilie trifft sich immer wieder in Micks diversen Landsitzen quer über den Globus und Chris Jagger hat sich auch auf den beiden Stones-Alben „Dirty Work“ (1986) und „Steel Wheels“ (1989) verewigt. Dass Chris niemals eine richtige Profimusiker-Karriere anstrebte, hat aber sicher nicht geschadet, um den Hausfrieden dauerhaft zu wahren.

„Als ich noch zur Schule ging, hat mich Musik anfangs überhaupt nicht interessiert“, blickt er zurück auf die alten Tage, „ich habe immer gerne Musik gehört, war aber selbst lange nicht darin involviert. Wahrscheinlich gerade deshalb, weil ich so viele Konzerte sah und mich auch mein Bruder immer zu seinen Shows eingeladen hat, hat mich dieser Weg nie wirklich interessiert. Ich habe mich dann für das Theater entschieden und schnell gelernt, dass der Glamour dort schon beim Verlassen der Bühne verblasst. Viele Schauspieler haben hart gearbeitet und waren verunsichert, weil der Job keine Sicherheiten bringt. Ich wollte eigentlich immer mehr hinter den Kulissen arbeiten. Produzieren oder organisatorisch die Fäden ziehen.“ Als Chris Jagger ein Platz an der Universität von Manchester angeboten wurde, sagte er ab, weil er lieber im britischen Schmelztiegel London heranreifen wollte.

Alle wollten ins Zentrum
„Du musst dazu verstehen, dass London in den 60er-Jahren die einzige Stadt in Großbritannien war, in der wirklich was passierte. Eric Burdon kam aus Newcastle und die Beatles von Liverpool herunter – sie waren Legenden in ihrer Heimat, gingen aber alle nach London, weil dort der Bär steppte. Manchester wurde später zu einem Epizentrum künstlerischer Entfaltung, aber damals war das Brachland, in das man auf keinen Fall eindringen wollte.“ Für eineinhalb Jahre ging Chris Jagger damals nach Indien, wo ihm ein Typ in den Bergen amateurhafte Gesangsstunden gab. „Das war eine kurze, aber sehr schöne Zeit in meinem Leben. Dann kam ich nach Los Angeles und rutschte in die Schauspielausbildung. In meinem Dasein als Musiker habe ich am meisten dort gelernt, wo es wirklich abging. In Pubs und Bars, wo man sich sein Standing erspielen muss und keiner auf einen wartet.“

Die Jagger-Brüder Chris und Mick in trauter Zweisamkeit bei einem familiären Event.
Die Jagger-Brüder Chris und Mick in trauter Zweisamkeit bei einem familiären Event.(Bild: zVg)

Der Mann mit den vielen künstlerischen Talenten landete später auch als Journalist bei diversen Tageszeitungen und Magazinen. Vor einigen Jahren hat Chris Jagger sein spannendes, aber zuweilen unbeleuchtetes Leben in Buchform („Talking To Myself“) festgehalten. Ganz zufrieden ist er mit dem Ergebnis rückblickend nicht. „Als Journalist ein Buch zu schreiben, ist noch einmal eine andere Liga. Ich wünschte mir heute, ich hätte damals auf einen professionellen Ghostwriter zurückgegriffen. Auch das Lektorat hätte ein bisschen genauer arbeiten können, aber es ist jetzt, wie es ist. In meinem Buch gibt es nicht so viele große Rock-Storys, wie man sonst gewohnt ist. Ich habe das Licht bewusst auf jene Musiker gelegt, die mich lange begleitet haben und nicht immer im großen Rampenlicht standen. Gossip-Musikbücher gibt es viele, meines ist aber sicher keines davon.“

Echt und international
Überhaupt war 2021 ein produktives Jahr für den jungen Jagger, denn da erschien sein bislang letztes Album „Mixing Up The Medicine“, auf dem er sich seiner Liebe zu Swing, Boogie-Rock und Blues-Hymnen widmet, die er leichtfüßig auch in der Wiener Szene zum Besten geben wird. „Jazz verstehe ich nicht so ganz, ich fühle mich auch nicht ausreichend qualifiziert dazu“, gibt er unverblümt zu, „Popmusik habe ich nie richtig gemocht und als die Punkwelle über England schwappte, war ich dafür schon etwas zu alt. Eigentlich mag ich afrikanische und indische Melodien lieber. Echte Instrumente, gespielt von echten Menschen. Das ist der Sound, mit dem ich aufgewachsen bin und den ich den Menschen auch liefern möchte. Ich habe nichts gegen elektronische Musik, aber meine Welt ist das nicht.“

Live in Wien
Zwei seiner seltenen Live-Auftritte hierzulande liefert Chris Jagger am 7. Mai in der Wiener Szene und am 8. Mai im Bluesiana Rock Café im kärntnerischen Velden ab. Man darf sich auf Eigenkompositionen und interessante Cover-Songs freuen – Rolling-Stones-Material nicht völlig ausgeschlossen. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und weitere Informationen zum Rock-Highlight.

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