Seit Ronald Reagan hinterlassen die scheidenden US-Präsidenten ihren Nachfolgern einen handgeschriebenen persönlichen Brief. Die schönsten Briefe haben Bill Clinton und George W. Bush geschrieben, den eindringlichsten Barack Obama an US-Präsident Donald Trump.
Es ist eine schöne Tradition und sie vermittelt etwas, das US-Präsidenten wahrscheinlich besser können als andere Staatschefs: Den Stolz auf das Land und dessen Bewohner mit viel Pathos und Herz zu beschwören und dem Nachfolger – auch wenn dieser ein politischer Gegner war –, das Beste zu wünschen.
Als US-Präsident Ronald Reagan, der von 1981 bis 1989 die Geschicke der USA leitete, seinem Amtsnachfolger George H. W. Bush einen persönlichen Brief auf dem Schreibtisch des Oval Office hinterließ, begründete er damit eine Tradition.
Reagans Brief selbst war noch eine humoristische Note an einen guten Freund, der Bush senior für ihn war: „Lass dich nicht von den Truthähnen unterkriegen“, schrieb Reagan unter eine Karikatur, die Truthähne, die auf Elefanten saßen, zeigten – der Elefant ist das Symbol der Republikanischen Partei, der sowohl Ronald Reagan als auch George H. W. Bush angehörten. Doch der scheidende Präsident spaßte nicht nur, sondern wünschte seinem Nachfolger zudem von Herzen alles Gute für seine künftige Aufgabe.
20. Jänner 2001
Lieber George,
heute beginnen Sie mit der größten Ehre die größte Unternehmung, die ein amerikanischer Staatsbürger erreichen kann.
Wie ich haben auch Sie das besondere Glück, unser Land in einer Zeit tiefgreifender und weitgehend positiver Veränderungen zu führen, in der alte Fragen, nicht nur zur Rolle der Regierung, sondern auch zum Wesen unserer Nation, erneut beantwortet werden müssen.
Sie führen ein stolzes, anständiges, gutes Volk. Und von diesem Tag an sind Sie Präsident von uns allen. Ich grüße Sie und wünsche Ihnen viel Erfolg und viel Glück.
Die Belastungen, die Sie jetzt schultern, sind groß, aber oft übertrieben. Die Freude, das zu tun, was Sie für richtig halten, ist unaussprechlich.
Meine Gebete sind bei Ihnen und Ihrer Familie. Gute Reise.
Mit freundlichen Grüßen,
Bill
George H. W. Bush übernahm diese Geste, dem nächsten US-Präsidenten einen persönlichen Willkommensbrief zu hinterlassen – und seine Nachfolger wiederum tun es ihm bis heute gleich. Es sind schöne Briefe, welche die Verwaltung der amerikanischen Nationalarchive vor wenigen Jahren veröffentlichte.
Zu den schönsten gehören jene von Bill Clinton, Amtszeit 1993-2001, und George W. Bush, Amtszeit 2001-2009, Sohn von George H. W. In diesen sprechen sie ihren Nachfolgern Mut zu, beschwören die Einigkeit, mit der alle Amerikaner, sie eingeschlossen, hinter dem neuen Präsidenten stünden; versichern, welches Privileg es sei, der USA und seinen Bürgern dienen zu dürfen.
20. Jänner 2009
Lieber Barack,
herzlichen Glückwunsch zur Präsidentschaft. Sie haben gerade ein fantastisches Kapitel in Ihrem Leben begonnen.
Nur sehr wenige hatten die Ehre, die Verantwortung zu kennen, die Sie jetzt fühlen. Nur sehr wenige kennen die Aufregung des Augenblicks und die Herausforderungen, denen Sie sich stellen müssen.
Es wird schwierige Momente geben. Die Kritiker werden toben. Ihre „Freunde“ werden Sie enttäuschen. Aber Sie werden einen allmächtigen Gott haben, der Sie tröstet, eine Familie, die Sie liebt, und ein Land, das Sie unterstützt, einschließlich mir. Egal was kommt, Sie werden vom Charakter und Mitgefühl der Menschen, die Sie jetzt anführen, inspiriert sein. Gott schütze Sie.
Mit freundlichen Grüßen,
George
Einen ganz anderen Ton schlägt hingegen der Brief an, den Barack Obama, Amtszeit 2009-2017, seinem Nachfolger Donald Trump hinterließ. Das zeigt schon die Anrede: Begannen seine Vorgänger ihre Briefe mit „Lieber Bill“ oder „Lieber George“, so richtete Barack Obama seine Worte an „Mr. President“. Dann erinnert er den neuen Präsidenten daran, dass nicht alle so privilegiert seien wie sie selbst, und dass es an ihnen liege, „alles zu tun, um jedem Kind und jeder Familie einen Aufstieg zu ermöglichen, die bereit wären, hart zu arbeiten“.
Außerdem hielt Obama fest, US-Präsidenten seien „Hüter jener demokratischen Institutionen und Traditionen – wie Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und bürgerliche Freiheiten –, für die unsere Vorfahren gekämpft und geblutet haben.“ Und er legte Donald Trump ans Herz: „Unabhängig vom täglichen politischen Hickhack liegt es an uns, diese Instrumente unserer Demokratie mindestens so stark zu hinterlassen, wie wir sie vorgefunden haben.“
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