Fußfessel-Lösung?

Ministerin Karl prüft Alternative zu U-Haft für Teenager

Österreich
26.06.2013 15:28
Nachdem der Jugendstrafvollzug wieder einmal für negative Schlagzeilen gesorgt hat - wie berichtet, ist in der Justizanstalt Wien-Josefstadt Anfang Mai ein 14-Jähriger von drei älteren Zellengenossen schwer misshandelt und vergewaltigt worden -, denkt Justizministerin Beatrix Karl über Alternativen zur U-Haft für Jugendliche nach. Zudem möchte sie "im Großraum Wien" ein Gefängnis für 600 bis 700 Insassen bauen lassen. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser hält dies für keine Lösung, Hannes Jarolim (SPÖ) tritt indes für die Wiedereinführung des Wiener Jugendgerichtshofs ein.

"Strafvollzug ist nicht das Paradies. Aber gerade im Jugendstrafvollzug haben wir die besten Gefängnisse, die wir je hatten", bemerkte die Ministerin einleitend. Speziell die JA Josefstadt - die für 921 Insassen konzipierte Einrichtung ist das größte Gefängnis des Landes - weise eine den Erfordernissen des modernen Strafvollzugs entsprechende Infrastruktur auf.

"Bei Jugendlichen, die in U-Haft kommen, sprechen wir von schweren Straftätern", konstatierte die Ministerin. In gelinderen Fällen werde bei Jugendlichen unter 18 Jahren in der Regel keine U-Haft verhängt. In den vergangenen Jahren hätten sich die Häftlingszahlen in dieser Altersgruppe "zum Glück" deutlich reduziert, sagte Karl. Während etwa 2003 noch 100 Jugendliche in der JA Josefstadt angehalten wurden, befinden sich dort derzeit 20 Teenager in Haft.

U-Haft soll 14- bis 18-Jährigen künftig erspart bleiben
Möglicherweise wird in Zukunft 14- bis 18-Jährigen die U-Haft überhaupt erspart bleiben. Wie Karl erläuterte, wird in ihrem Ressort derzeit ein Modell geprüft, bei dem Beschuldigte bis zu ihrem Verhandlungstermin mit Fußfesseln bei Jugendorganisationen untergebracht werden sollen.

Wie die Justizministerin in diesem Zusammenhang betonte, sollen dabei jeweils nur einzelne verdächtige Jugendliche aufgenommen werden, da sich der Versuch, mehrere straffällig gewordene Jugendliche statt im Gefängnis in einer betreuten WG anzuhalten, nicht bewährt hat. "Wie sich herausgestellt hat, ist da die kriminelle Energie einfach zu hoch", erklärte Karl.

Der unter anderem auf Resozialisierungshilfe für straffällig gewordene Jugendliche spezialisierte Verein Neustart unterstützt den Vorschlag der Justizministerin. "Eine Verbesserung der U-Haft für Jugendliche ist nicht realistisch. Es braucht Alternativ-Modelle, die möglichst noch vor den Wahlen im Herbst geschaffen werden sollten", betonte Neustart-Sprecher Andreas Zembaty.

Neues Gefängnis "in Pavillon-Bauweise" für mehr Kapazitäten
Neben dem Alternativmodell zur U-Haft möchte Karl auch mit einem neuen Gefängnis mehr Platz schaffen, um die an ihren Kapazitätsgrenzen angelangte JA Josefstadt zu entlasten. Wann die neue Justizanstalt in Betrieb gehen soll, konnte sie jedoch noch nicht sagen. Es gibt auch noch keinen konkreten Standort.

Jedenfalls soll diese Justizanstalt nach den Vorstellungen der Ministerin "in Pavillon-Bauweise" errichtet werden und auch eine Jugendabteilung aufweisen, wo die Insassen nicht mehr - wie etwa in der JA Josefstadt üblich - in Mehrpersonenzellen gesperrt werden: "Zielsetzung wären Hafträume mit Zweier-Belegung."

Steinhauser: "Neue Gefängnisse müssen gefüllt werden"
Für den Grünen Justizsprecher Steinhauser sind hingegen neue Gefängnisse keine Lösung. "Autobahnen ziehen bekanntlich Verkehr an, neue Gefängnisse müssen mit Häftlingen gefüllt werden. Dabei hat Österreich ohnedies eine hohe Häftlingsquote und eine der höchsten Untersuchungshaftraten." Er riet Karl, "mit ihren eigenen Experten zu reden. Kaum jemand im Strafvollzug fordert neue Gefängnisse".

Jarolim für Wiedereinführung des Wiener Jugendgerichtshofs
Für die Errichtung einer neuen Jugendstrafanstalt im Westen tritt dagegen SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ein. Außerdem verlangt er die Wiedereinführung des im Jahr 2003 unter dem damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer aufgelösten Wiener Jugendgerichtshofs.

Es sei wichtig, straffällig gewordenen Jugendlichen eine zweite Chance zu geben, hielt Jarolim fest: "Dazu braucht es eine spezialisierte Jugendgerichtsbarkeit im Anschluss an Entwicklungen in anderen europäischen Staaten. Diese sollte in speziell qualifizierten Gerichten wie dem ehemaligen Wiener Jugendgerichtshof geschehen."

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