Nachfolger gesucht

Ära Berlusconi geht nun endgültig zu Ende

Ausland
25.10.2012 12:51
Der Vorhang über der Ära Berlusconi ist nun endgültig gefallen. Der Medienkönig, der 20 Jahre lang Italiens politische Szene geprägt hatte, kündigte am Mittwoch offiziell seinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur für das Premieramt an. Die katastrophalen Umfragewerte seiner Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit", finanzielle Probleme seiner Medienunternehmen und Meinungsverschiedenheiten mit seiner "rechten Hand" haben den TV-Tycoon zur Kapitulation bewogen.

"Ich verzichte auf die Kandidatur. Man wird ja sehen, ob jemand besser abschneiden wird als ich. Ich hoffe es aus ganzem Herzen", sagte ein verbitterter Berlusconi zu seinen engsten Mitarbeitern. Bereits Anfang des Monats hatte der Medienkönig seinen Rückzug im TV verkündet (siehe Infobox).

Enormer Druck vom Parteigremium
Berlusconi verzichtet vor allem wegen des Drucks des Parteigremiums auf seine Kandidatur, denn dieses befürchtet eine katastrophale Niederlage bei den Parlamentswahlen, sollte der gebeutelte Medientycoon zum sechsten Mal seine Kandidatur für das Premieramt einreichen.

"Ich bleibe aber an der Seite derer, die jünger sind und Tore schießen wollen", sagte der fußballversessene 76-Jährige. Er habe zwar noch immer ausreichend Muskeln und einen Kopf auf seinen Schultern, doch seine Rolle werde es sein, zu beraten.

Berlusconi auf rasanter Talfahrt
So hatte sich der dienstälteste italienische Regierungschef seit dem Zweiten Weltkrieg das Ende seiner politischen Karriere wohl kaum vorgestellt. Der Verzicht auf sein Comeback ist nur ein weiterer harter Schlag für Berlusconi, der seit Monaten einen schmerzhaften Niedergang erlebt. Nach 17 Jahren in der Politik musste er im vergangenen November unter Schmährufen, Pfiffen und tosendem Geschrei seine Demission als Premier einreichen. Seitdem ist er auf einer rasanten Talfahrt, die gar nicht mehr zu enden scheint.

Denn abgesehen von den politischen Niederlagen, macht Berlusconi vor allem der Ruby-Prozess, in dem er wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit einer minderjährigen Marokkanerin angeklagt ist, das Leben schwer. Das Verfahren schreitet zügig voran und könnte bald mit einer Verurteilung zu Ende gehen.

Zudem laufen die Geschäfte beim Berlusconi-Medienkonzern Mediaset nicht gerade rosig, und sogar sein Fußballklub AC Milan erlebte den schlechtesten Saisonstart seit 1981 und rangiert auf den untersten Plätzen der Meisterschaftstabelle.

Daher lautet Berlusconis Motto nun "Schluss mit Bunga-Bunga-Storys und Callgirl-Skandalen". Der Mailänder führt seit Monaten ein zurückgezogenes Leben und kämpft laut Vertrauensleuten gegen eine tiefe Depression.

Jagd nach Premierkandidaten hat begonnen
In dieser verworrenen Situation hat in Berlusconis Partei bereits die Jagd nach dem Premierkandidaten begonnen. Vorwahlen, die voraussichtlich am 16. Dezember stattfinden werden, sollen bestimmen, wer anstelle des TV-Königs antreten wird. Mehrere Schwergewichte der Partei wollen an den Urwahlen teilnehmen.

Zu ihnen zählen der seit Juli 2011 amtierende Parteichef Angelino Alfano, der sogar mit seinem Rücktritt gedroht hatte, sollte Berlusconi nicht auf seine Premierkandidatur verzichten. Weitere mögliche Kandidaten sind der römische Bürgermeister Gianni Alemanno, der Ex-Landwirtschaftsminister Giancarlo Galan und die Berlusconi-Vertraute Daniela Santanché.

Allen dreien fehlt jedoch das erforderliche Charisma, um Berlusconis Erbe zu übernehmen. Die Zukunft der stärksten Einzelpartei Italiens bleibt damit weiterhin ungewiss.

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