Nach Vorstoß aus Wien

Wohnsitzpflicht für Flüchtlinge: Raab blockt ab

Politik
23.04.2024 15:16

Aufgrund des Familiennachzugs anerkannter Flüchtlinge steht Wien vor enormen Herausforderungen. Die rot-pinke Stadtregierung fordert deswegen eine Residenzpflicht für Betroffene. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) blockt ab: Sie wirft Wien vor, selbst für die hohe Zahl an Flüchtlingen verantwortlich zu sein.

Die Wiener Stadtregierung will eine Wohnsitzauflage. Das bedeutet: Anerkannte Flüchtlinge, die nicht berufstätig sind, sollen drei Jahre lang in jenem Bundesland leben müssen, in dem ihr Verfahren absolviert wurde. Die Debatte für eine Wohnsitzauflage gehe am Kern vorbei, erklärte Raab dazu bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Sie hielt der Bundeshauptstadt vor, über höhere Sozialleistungen Flüchtlinge anzuziehen.

Man habe sich in mehreren Studien die Gründe angesehen, warum Asylwerber und Asylberechtigte nach Wien kommen, berichtete die Ministerin. Dabei spiele einerseits die bestehende Community eine Rolle, meinte Raab. Auf der anderen Seite sei aber auch die Höhe der Sozialleistungen ein Faktor für die sogenannte Sekundärmigration. Wenn Wien höhere Sozialhilfe als andere Bundesländer auszahle, führe dies zum stärkeren Zuzug von Flüchtlingen innerhalb Österreichs.

Raab will Migranten arbeiten schicken
Debattieren möchte Raab aber nicht, wo man Flüchtlinge am längsten in der Sozialhilfe halte, sondern wie man sie am schnellsten in den Arbeitsmarkt überführe. Sie frage sich, warum es nicht möglich sei, Migranten in den Westen auf einen Arbeitsplatz im Tourismus oder in der Gastronomie zu vermitteln. Erneut sprach sie sich auch dafür aus, die volle Höhe von Sozialleistungen erst nach fünf Jahren Aufenthalt auszuzahlen.

Die Bundeshauptstadt hat zuletzt wiederholt beklagt, dass der Familiennachzug das Bildungssystem unter Druck bringt. Aufgrund der stark gestiegenen Anzahl an Familienzusammenführungen kamen vermehrt Kinder im schulpflichtigen Alter nach Wien.

Ludwig will gerechte Verteilung
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte indes am Dienstag die von NEOS und SPÖ in der Bundeshauptstadt erhobene Forderung. Wien habe Verantwortung übernommen, gab er in einer Pressekonferenz zu bedenken. Man erwarte sich aber eine entsprechend gerechte Verteilung – also das, was Österreich auch auf Ebene der EU verlange. Der Bund habe die Kompetenz in dem Themenfeld. Man dränge aber auch auf Solidarität der anderen Bundesländer, „die sich da auch nicht zurücklehnen können“. Wien erfüllt als einziges Bundesland seine Quote an Menschen, die es in der Grundversorgung betreut.

Der Wiener SPÖ-Chef beim Landesparteitag am Wochenende (Bild: APA/MAX SLOVENCIK)
Der Wiener SPÖ-Chef beim Landesparteitag am Wochenende

Man werde nicht auf Dauer die Verantwortung für ganz Österreich tragen können, meinte Ludwig. Vorwürfe, wonach Wien höhere Sozialleistungen auszahle und so für verstärkte Zuwanderung nach Wien sorge, wies der Bürgermeister zurück. Das betreffe lediglich Leistungen für Kinder, da man Kinderarmut verhindern wolle. „Sonst liegen wir bei allen anderen Leistungen und Sozialhilfen im Schnitt. Es gibt Bundesländer, die sind in manchen Bereichen sogar höher“, versicherte der Bürgermeister.

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Man hat manchmal den Eindruck, es gibt durchaus den gewünschten Effekt, in Wien Probleme zu verursachen.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

Man werde das weiter ansprechen, kündigt Ludwig an. Wien dränge auch schon seit geraumer Zeit auf eine gerechte Verteilung. „Man hat manchmal den Eindruck, es gibt durchaus den gewünschten Effekt, in Wien Probleme zu verursachen.“ Sonst könne man sich nicht erklären, warum von Seite des Bundes keine großen Aktivitäten gesetzt würden. „Wir in Wien haben das nie parteipolitisiert“, beteuerte er. Es werde nun aber nicht weiter möglich sein, dass sich die Verantwortlichen zurücklehnen und Wien dann in die „Auslage“ stellen, sagte Ludwig.

„Wohnsitzauflage höchst problematisch“
Harsche Kritik an der Forderung, die gestern auch im Gemeinderat mittels rot-pinker Resolution erhoben worden ist, kam von den Grünen. „Das Vorhaben einer Wohnsitzauflage ist grundrechtlich höchst problematisch, weil es die Bewegungsfreiheit einschränkt und daher geflüchtete Menschen diskriminiert“, hielt die Wiener Parteichefin Judith Pühringer in einer Aussendung fest. Das wahre Problem sei, dass die restlichen Bundesländer ihre Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen seit Jahren bei weitem nicht erfüllen würde.

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