Hauptdarsteller bei der Inseratenaffäre sind mit Kanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer zwei SP-Politiker. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kanzler und seinem damaligen Büroleiter Ostermayer vor, in Faymanns Zeit als Verkehrsminister (2007/08) Inseratenkampagnen in Zeitungen selbst in Auftrag gegeben und im Nachhinein die Bezahlung durch die staatlichen Verkehrsgesellschaften Asfinag und ÖBB veranlasst zu haben.
Faymann-Auftritt zumindest politische Peinlichkeit
Während für die juristische Beurteilung entscheidend ist, ob den Unternehmen daraus ein Schaden entstanden ist - was ein Gutachten vor dem Sommer verneinte -, wäre ein Auftritt im U-Ausschuss für Faymann zumindest eine politische Peinlichkeit. Die SPÖ will ihm den Auftritt daher ersparen und nur Ostermayer ins Parlament zitieren lassen. Außerdem würde der Kanzler dort - anders als bei seiner Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft und beim ORF-"Sommergespräch" - unter Wahrheitspflicht stehen. Und vom Wahrheitsgehalt der Aussagen Faymanns und Ostermayers war die Staatsanwaltschaft offenbar nicht überzeugt. Sie sprach laut Nachrichtenmagazin "profil" von "Schutzbehauptungen" der Politiker.
Inseratenvorwurf auch gegen VP-Berlakovich
Für die ÖVP mutet das politische Gefahrenpotenzial der Inseratenaffäre vergleichsweise geringer an. Zwar soll - sofern der Ausschuss nicht schon vorher abgestellt wird - mit Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich auch ein VP-Regierungsmitglied aussagen. Auch gegen ihn steht der Vorwurf im Raum, er hätte sich Inseratenkampagnen durch Staatsbetriebe (AMA, Klimafonds) finanzieren lassen. Vorwürfe gegen Parteichef Michael Spindelegger sind allerdings nicht bekannt.
Schwarz-blau/orange Affären
Unangenehm könnte es theoretisch auch für FPÖ und BZÖ werden, wenn es um die Aufarbeitung der direkten Inseratenvergabe der Regierung seit 2000 geht. Beim Thema Staatsbürgerschaftsverleihungen geht es ebenfalls noch um die Aufarbeitung mutmaßlicher Korruptionsaffären aus der Ära der schwarz-blauen bzw. schwarz-orangen Regierung.
Hier steht der Verdacht im Raum, der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider vom BZÖ hätte im Gegenzug für eine Millionenspende für den Kärntner Formel-1-Piloten Patrick Friesacher bzw. für eine Beteiligung an einem Kärntner Hotelprojekt zwei russischen Geschäftsleuten zur Staatsbürgerschaft verholfen. Die Einbürgerung der beiden erfolgte am 10. Jänner 2007, also im letzten Ministerrat unter VP-Kanzler Wolfgang Schüssel vor der Amtsübergabe an SP-Nachfolger Alfred Gusenbauer. In einem ähnlich gelagerten Fall (Stichwort: "Part of the game") steht der zurückgetretene Kärntner FP-Chef Uwe Scheuch im Visier der Justiz. Unangenehm wäre die Causa also wohl für BZÖ, FPÖ und möglicherweise ÖVP.
Heißes Eisen Telekom-Ostgeschäfte
Ebenfalls noch offen sind die Telekom-Ostgeschäfte, also Zukäufe in Weißrussland, Serbien und Bulgarien. Hier soll geklärt werden, ob Beraterhonorare und Provisionen im Zusammenhang mit den Deals gerechtfertigt waren oder ob es sich um Scheinrechnungen handelte, um Schmiergeld weißwaschen zu können. Aussagen sollen u.a. der SP-nahe Investor Martin Schlaff und sein VP-naher Kompagnon Josef Taus. Taus hatte 2002 gemeinsam mit Schlaff die bulgarische Mobiltel gekauft und 2005 um mehr als das Doppelte an die Telekom Austria verkauft. Für Schlaff wäre es übrigens schon das zweite Mal, dass er einer Befragung entgeht: Schon 2007 hätte Schlaff im Bankenausschuss aussagen sollen, der allerdings vorzeitig beendet wurde - mit einem Fristsetzungsantrag der Koalition.
Letzte Gnadenfrist für Ausschuss
Der U-Ausschuss hat am Freitag eine letzte Gnadenfrist erhalten: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer will am Mittwoch noch einmal direkt mit den Fraktionschefs der Parlamentsparteien im Ausschuss reden. Sollte es bei dem Treffen keine Lösung für den Streit um die grüne Ausschussvorsitzende Gabriela Moser - bei dem es zuletzt Verleumdungsanzeigen der Grünen gegen die Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf, hagelte (siehe Infobox) - und die weiteren Zeugenladungen geben, wird ein Ende der Untersuchungen immer wahrscheinlicher.
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