Die Kunstuni Graz brachte mit „Melancholia“ eine szenische Umsetzung von Schumanns Liedzyklus „Dichterliebe“ auf die Bühne des Theaters im Palais.
Zwei kaltweiße Räume mit kaltweißem Licht. Die Bühne ist eine Versuchsanordnung, eine Art quantentheoretisches Doppelschlitzexperiment: Die Liebe, sie existiert hier in der Möglichkeit, zugleich lebendig und schon lange tot zu sein. Ingo Kerkhof hat gemeinsam mit Assistentin Camille Primeau Schumanns Liedzyklus „Dichterliebe“ seiner überbordenden Romantik beraubt, ihn mit einer kühlen Wissenschaftsästhetik kontrastiert.
Grandioses Ensemble
Diese Bühne mit Leben zu füllen gelingt dem Ensemble grandios. „Ich grolle nicht!“ schmettert Taku Hayasaka ins Kalkweiß, und je stärker der klangschöne Brustton seiner Bariton-Überzeugung wird, desto deutlicher sehen wir: Er tut es doch. Denn seine Frau ist schließlich „lange tot“, selbst wenn Ursula Roomere als Schatten der Vergangenheit und mit Liedern von Schönberg stets präsent ist.
Zunahme der Unordnung
Teodora Ateljević füllt mit ihrem Klavierspiel (gedoppelt von Tatiana Maksimova hinter der Bühne), die Möglichkeitsräume auch mal mit einem ironischen „Reich mir die Hand mein Leben“, die (Zaun-)Gäste sind im halben Gesangsdutzend mal griechischer Tragödienchor, mal komödiantische Entlastung, der das Lachen im Halse stecken bleibt. Denn wenn sich selbst die Sprache allmählich in babylonisches Wirrwarr aufzulösen beginnt, verstehen alle, dass es in der Enge der Liebe wie in der Weite des Universums ist: Der endlosen Zunahme der Unordnung entkommen wir nicht.
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