Nach schweren Unwettern herrscht in Tirol Ausnahmezustand. Murenabgänge und Überflutungen halten die Einsatzkräfte auf Trab. Dass derartige Wetterkapriolen nicht zuletzt auch für Autofahrer gefährlich werden können, zeigt sich immer wieder. Das Fahrzeug gerät in die Wassermassen, droht zu sinken, die Insassen sind eingeschlossen. Wie man dieser möglichen Todesfalle entrinnen kann und wie viel Zeit dafür überhaupt bleibt, hat der ÖAMTC getestet.
Natürlich braucht es für eine derartige Extremsituation kein Unwetter. Auch ein Unfall, bei dem das Auto in ein Gewässer stürzt, kann für Lenker und Mitfahrer dramatisch enden.
Türen lassen sich bereits kurz nach der Wasserung kaum noch öffnen – dafür bleibt zu Beginn noch ein kurzes Zeitfenster, um die Seitenscheiben zu öffnen.
ÖAMTC-Experte Robert Kolerovic
Bild: ÖAMTC
„Zwar sinkt ein Auto nicht sofort – doch viel Zeit bleibt trotzdem nicht: Schon nach der ersten Minute wird es kritisch“, erklärt ÖAMTC-Experte Robert Kolerovic. „Unsere Tests zeigen: Im Schnitt dauert es nur drei bis vier Minuten, bis ein Fahrzeug vollständig unter Wasser ist – doch bereits innerhalb der ersten Minute muss gehandelt werden, um sich zu retten. Das Fahrzeug sollte spätestens in der ersten Minute nach Wasserkontakt verlassen werden. Danach wird es deutlich schwieriger.“
Doch gelingt nun im Ernstfall ein Notausstieg aus einem sinkenden Fahrzeug, und wenn ja, wie genau stellt man das an? In einem eigens eingerichteten Testbecken wurden sowohl mit einem Elektrofahrzeug als auch mit einem Verbrenner mehrere Szenarien durchgespielt.
Die Tests zeigten, dass sich Elektro- und Verbrennerfahrzeuge beim Sinken ähnlich verhalten – allerdings zeigte sich beim Modell mit Verbrennungsmotor eine stärkere Kippneigung. Eine der wichtigsten Erkenntnisse: „Türen lassen sich bereits kurz nach der Wasserung kaum noch öffnen – dafür bleibt zu Beginn noch ein kurzes Zeitfenster, um die Seitenscheiben zu öffnen“, so der ÖAMTC-Experte. „Diese Chance sollte jedenfalls genutzt werden, bevor die Bordelektronik ausfällt.“
Verbundglas birgt enorme Gefahr
Ein besonderer Fokus lag auf den Fahrzeugscheiben, denn viele moderne Autos verfügen an den Seiten über Verbundglas. „Dieses ist praktisch nicht zerstörbar, selbst mit Werkzeug“, so Kolerovic. Auch gehärtete Sicherheitsglasscheiben konnten im Test nicht mit typischen Bordmitteln wie Kopfstütze, Gurtschloss oder Autoschlüssel eingeschlagen werden.
Nur speziell entwickelte Werkzeuge – etwa Nothämmer oder Federkörner mit integriertem Gurtschneider – konnten die Scheiben zuverlässig durchbrechen, sogar unter Wasser. „Diese Geräte sollten daher zur Sicherheitsausstattung jedes Fahrzeugs gehören – genauso wie ein Warndreieck oder ein Erste-Hilfe-Set“, empfiehlt der ÖAMTC-Experte.
Natürlich ist das Wissen um das rasche Untergehen eines Autos im Wasser erschreckend. Umso wichtiger sei es, so der ÖAMTC, auf ein solches Szenario vorbereitet zu sein. Daher der Rat: sich mit dem korrekten Verhalten vertraut machen und das richtige Vorgehen auch mit Mitfahrenden – insbesondere Kindern – besprechen.
Doch auch vorausschauendes Fahren und das Akzeptieren von Sperren bei Hochwassersituationen sei unbedingt nötig, so der Verkehrsklub – ebenso bereits überfluteten Straßen oder Unterführungen nicht zu befahren, so die Warnung. „Die größte Gefahr ist, zu glauben, es werde schon nichts passieren – oder man könne im Ernstfall einfach die Tür öffnen und aussteigen“, warnt der ÖAMTC-Experte. „Aber genau das funktioniert in den allermeisten Fällen nicht.“
Laut internationalen Erhebungen sterben jährlich Dutzende Menschen, weil sie ihr Fahrzeug nach einer Wasserung nicht rechtzeitig verlassen konnten.
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