Großes Aufräumen

Wettlauf gegen Zeit: Bangen vor weiterem Unwetter!

Tirol
01.07.2025 13:11

Nach dem verheerenden Unwetter samt Zivilschutzalarm Montagabend im Tiroler Gschnitz sind die Aufräumarbeiten am Dienstag voll angelaufen. Augenzeugen berichten von „Weltuntergangsstimmung“, ein Haus wurde weggerissen. Dutzende Personen mussten mit dem Black Hawk von Berghütten geflogen werden. Videos und Fotos zeigen Spuren der Verwüstung. Jetzt beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – denn heute drohen weitere Unwetter.

Drückend schwül ist es am Dienstag in Gschnitz – in jener Gemeinde, für die Montagabend kurz nach 19 Uhr AT-Alert und Zivilschutzalarm ausgelöst worden war. Mehrere massive Murenabgänge und Hangrutschungen infolge eines heftigen Unwetters mit Hagelfällen hatten seit dem späten Nachmittag den kleinen rund 460-Seelen-Ort heimgesucht.

Bilder des Schreckens nach dem Unwetter in Gschnitz
Bilder des Schreckens nach dem Unwetter in Gschnitz(Bild: Johanna Birbaumer)

Mit schwerem Gerät gegen Geröllmassen
Für Dienstag sind weitere Gewitter prognostiziert, die teilweise auch heftig ausfallen können. Dementsprechend unter Zeitdruck sind die Einsatzkräfte und Helfer bei den Aufräumarbeiten. Auch schweres Gerät kommt zum Einsatz. Wie auch Bürgermeister Andreas Pranger im „Krone“-Interview betonte, gelte es nun, in erster Linie die Bachläufe und Gräben freizubekommen. „Damit wir für den Abend und mögliche weitere Unwetter gerüstet sind. Nicht, dass wir dann wieder dasselbe haben!“

Große Besorgnis nach Erkundungsflug
Um die Mittagszeit erfolgte ein Erkundungsflug mit dem Hubschrauber, um die Lage von oben zu beurteilen. Der Bürgermeister war im Anschluss sehr besorgt. Die Ab- und Ausbrüche seien noch größer gewesen, als ursprünglich angenommen. Das Bangen vor weiteren Unwettern wurde noch größer.

Bürgermeister Andreas Pranger zur Lage am Dienstagvormittag:

Weitere Unterstützung im Anmarsch
Im Laufe des Tages werden zehn weitere Feuerwehreinheiten aus dem Abschnitt Wipptal für Aufräumarbeiten nach Gschnitz fahren. „Für morgen, Mittwoch, wurden beim Militärkommando Tirol zusätzliche bodengebundene Truppen des Bundesheeres für die Aufräumarbeiten angefordert“, heißt es vom Land. Zudem würden am Dienstag weitere Erkundungsflüge der Bergrettung und der Wildbach- und Lawinenverbauung mithilfe des Bundesheeres stattfinden, um die Lage der Höhenwege und Wildbäche genauer einschätzen zu können. Die L 10 Gschnitztalstraße ist ab der Pfarrkirche weiterhin gesperrt.

Thomas Reiner, Bezirksfeuerwehrkommandant, zum Unterstützungseinsatz:

Bewohner mit Hubschrauber ausgeflogen
Besonders betroffen war der Bereich um die Pfarrkirche Maria Schnee. Von dort bis weiter ins Talinnere nach Mühlendorf gingen sechs Muren mit Geröll- und Gesteinsmassen ab, zwei – nämlich jene bei der Kirche und direkt im Weiler - seien besonders fatal ausgefallen. Der Bereich Mühlendorf wurde evakuiert. „Die Personen, die evakuiert werden wollten, wurden vom Polizeihubschrauber Libelle ausgeflogen“, berichtete die Polizei.

Alles in allem sollen am Montagabend letztlich in etwa 20 Personen ausgeflogen worden sein. Laut Gemeindeführung seien sie bei Verwandten untergekommen.

„Neues Haus wurde einfach mitgerissen“
Ein Augenzeuge schilderte am Dienstagvormittag im Gespräch mit der „Krone“: „Es war wie bei einem Weltuntergang. Wolkenbruch, Starkregen, Hagel. Die Intensität war beängstigend. Und plötzlich kam ganz viel Geröll und Schlamm herunter. Im Mühlendorf wurde ein neues, zwei, drei Jahre altes Haus mitgerissen. Es ist einfach schlimm!“

Das Ehepaar, das in dem weggerissenen Haus lebte, war zum Zeitpunkt des Unwetters zum Glück nicht daheim.

Christian Schafferer, ein weiterer Anwohner und Augenzeuge:

Peter Schlögl, Bewohner von Gschnitz, ist den Tränen nahe:

Trinkwasserquelle wurde zerstört
Der Ortsteil Gurns, der über Nacht ohne Strom war, kann inzwischen per Aggregat wieder mit Strom versorgt werden. Eine Trinkwasserquelle wurde zerstört und kann aktuell nicht mehr für die Trinkwasserversorgung verwendet werden. Die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Gschnitz ist jedoch über andere Quellen sichergestellt.

Sturzfluten donnerten durch Gschnitz:


Warnung an die Bevölkerung
Die Bevölkerung war aufgefordert worden, in den Häusern zu bleiben, sich in höhere Stockwerke zu begeben, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten und sich auch von den Dämmen der Fließgewässer fernzuhalten.  

Weitere Fotos aus Gschnitz:

Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren
Noch am Abend wurde mit den Aufräumarbeiten begonnen. Diese wurden Dienstag fortgesetzt und laufen seither auf Hochtouren. Schweres Gerät kommt zum Einsatz. Verletzt bzw. verschüttet wurde bisherigen Informationen zufolge in Gschnitz niemand. Der Zivilschutzalarm und der AT-Alert wurden Dienstagvormittag aufgehoben. 

Urlauberin Bo Koning (Holland) wurde von der Bremer Hütte ins Tal geflogen:

Personen werden von Berghütten ausgeflogen
Die Zugänge zu mehreren Schutzhütten wurden durch Muren verlegt. Am Dienstagvormittag wurden Dutzende Personen von Berghütten ausgeflogen – mithilfe des Bundesheeres und eines Black Hawk Hubschraubers. Betroffen waren die Bremer Hütte und die Tribulaunhütte.

Laut Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) steht „bei Bedarf“ zudem ein zweiter Hubschrauber des Bundesheeres zur Verfügung, schrieb sie auf der Plattform „X“ und bedankte sich gleichzeitig bei den Einsatzkräften. 

Teilweise kein Trinkwasser mehr
Muren und Evakuierung auch im Stubaital

Zu Murenabgängen kam es unterdessen auch im Stubaital, konkret in Neustift. Auch dort war der hintere Talschluss ab dem Ortsteil Gasteig abgeschnitten. „Für die Bewohner im hinteren Talbereich ist ein Zu- und Abfahren über einen Notweg möglich. Die Versorgung ist gewährleistet“, berichtete die Polizei .

Bilder vom Unwetter in Neustift:

(Bild: BFV IBK-Land)
(Bild: BFV IBK-Land)
(Bild: BFV IBK-Land)

Trinkwasserversorgung teilweise ausgefallen
Zudem sei der Campingplatz Volderau vorsorglich evakuiert worden. Die Bewohner im Ortsteil Volderau waren laut Land angewiesen worden, sich in den ersten Stock zu begeben. „Im hinteren Teil des Tals ist die Trinkwasserversorgung teilweise ausgefallen – die betroffenen Haushalte wurden mit Trinkwasser versorgt“, hieß es indes von der Feuerwehr.

Muren und Sperren
Heftige Unwetterzelle auch im Oberland

Von einem heftigen Unwetter heimgesucht wurde am Montagabend auch der Bezirk Landeck. Im Bereich der Gemeinde See kam es laut Polizei zu mehreren Verklausungen diverser Bäche. Dadurch traten die Bäche über die Ufer und es kam zu mehreren Überschwemmungen.

Straßensperren im Bezirk Landeck:

  • Gemeinde Flirsch: Sperre der L 68 Stanzertalstraße bei Straßenkilometer 0,5
  • Gemeinde Strengen: Sperre der B 171 Tiroler Straße bei Straßenkilometer 163,4
  • Gemeinde Pfunds Sperre der L 65 Oberinntalstraße ab Straßenkilometer 11,75

In Strengen gingen Muren durch den Pleisbach und den Dawinbach ab. Dadurch musste die Tiroler Straße im Bereich Strengen bis 22.10 Uhr gesperrt werden. „Die Mure im Dawinbach verlegte die Gemeindestraße Toblweg, welche die Ortsteile Innerberg und Mitterberg verbindet. Die Sperre muss auf unbestimmte Zeit aufrecht gehalten werden, die Ortsteile sind über andere Zufahrten erreichbar“, berichtete die Exekutive.

In Flirsch kam es zu einem Murenabgang im Bereich der Stanzertalstraße und in weiterer Folge zu einer Verklausung des Rammelbachs. Die Stanzertalstraße musste gesperrt werden. Am Abend konnte sie zumindest einspurig wieder für den Verkehr freigegeben werden. Während der Nachtstunden zwischen 21.30 Uhr und 5 Uhr wird die L68 Stanzertalstraße in den nächsten Tagen allerdings gesperrt. Dies gilt vorerst bis 7. Juli. 

Zahlen der Leitstelle
Feuerwehren im Dauereinsatz

Die Feuerwehren standen und stehen nach wie vor im Dauereinsatz. Laut Leitstelle Tirol gab es im Bundesland zwischen Montagabend, 18 Uhr, und Dienstagfrüh, 6 Uhr, insgesamt 60 Einsätze für 43 Feuerwehren. Zwei Drittel davon, also rund 40, aufgrund der Unwetter. Hotspots waren die Bezirke Innsbruck-Land und Landeck.

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