INTERVIEW

Erika Pluhar: Sich die Hoffnung bewahren

Kultur
28.02.2024 11:25

Sie war ein gefeierter Burgtheater-Star, sie reüssierte mit Chansons und wurde schließlich erfolgreiche Schriftstellerin. Auch mit 85 Jahren geht „Die Pluhar“ ihren Weg und erlaubt sich ihre Meinung. Wir gratulieren ihr zum Geburtstag und haben sie zum Interview getroffen.  

„Kronenzeitung“: Frau Pluhar, wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Erika Pluhar: Man kann sich nicht selbst beschrieben … Ich bin ein öffentlicher Mensch, eine Kombination aus einer ehemals bekannt gewesenen Schauspielerin, die das Glück hatte und es geschafft hatte, darauf bin ich auch ein bisschen stolz, zu einer Schriftstellerin zu werden. Das ist nicht leicht, wenn du schon einmal in einer Schublade warst.

Ich sehe, Sie haben ein altes Nokia Handy. Findet man Sie auf Facebook und Co.?
Ich habe eine Homepage mit meinen Programmen und Auftritten, aber ich bin sehr bemüht für mich selber, ohne dass ich etwas außer Acht lasse, doch sehr analog zu leben. Ich will mich dem digitalen Wahnsinn nicht unterordnen. Ich bin auch nicht auf Social Media. Laptop und E-Mail ja, aber ich halte mich da möglichst zurück. Und wenn die Menschen mich dann doch besuchen bei meinen Lesungen, dann muss es entweder daran liegen, dass ich vielleicht nie in diesem Sinn ein öffentlicher Mensch war, der um sich so eine Show baut.

Ich war eigentlich immer nur das, was ich selber war. Damals in meiner Zeit als Schauspielerin stand manchmal in den Kritiken, ich würde mich ein bissl selber spielen. Ich habe aber auch nie Rollen gespielt, mit denen ich gar nix zu tun hatte, das war mein Glück. Das waren vor allem die Inszenierungen vom Achim Benning, der leider von uns gegangen ist und ich morgen im Burgtheater an seinem Sarg sprechen muss, das ist sehr traurig. Als er Turgenew, Gorki und Tschechow inszeniert hat, das waren meine wunderbarsten Arbeiten. Sowohl künstlerisch als auch politisch.

Nach seiner Direktion sind Sie aus dem Theater weg . . .
Ja, in Pension gegangen mit 60, als sich das Theater so verändert hat. Das war, dann, wie ich immer sage, nicht mehr meine Landschaft.

Gehen Sie ins Theater?
Kaum. Wenn ich jung wäre, würde ich nicht ans Theater gehen, sondern Filme machen. Das Theater wäre in meine Augen DIE Stätte, wo es analog zugehen muss. Jetzt holt man alles vom Digitalen - von Mikros, bis Bildschirme, und das ist Theater in meinen Augen nicht.

Viele sagen, bei der Pluhar, weiß man immer, was man bekommt.
Mit mir zusammen höre ich oft den Begriff authentisch. Mir ist irgendwann bewusst geworden, nach dem Selbstmord von Peter Vogel, dass mir meine Öffentlichkeit eine Verantwortung ist, und ich versuche kein Wort öffentlich zu sagen, das ich nicht meine. Und ich sage jetzt sehr viele Worte gegen den Herrn Kickl, und da sagen viele: Traust du dich das? Und, ja, ich traue es mich. Was mich wirklich freut sind, die großen Demonstrationen gegen rechts in Deutschland, das muss bei uns auch einmal passieren.

Was wäre Ihr Wunsch an die Politik?
Mein Vorschlag, wäre, dass die SPÖ, ÖVP, NEOS und GRÜNE, dass die sagen: Lassen wir mal unseren Zwist beiseite und sind einmal geeint gegen Rechtsradikalismus, gegen den Herrn Kickl. Wenn man übergeordnet an das Wohl unseres Landes denken würde, müsste man das tun.

Sie haben Dutzende Bücher veröffentlicht, ihr aktuelles heißt „Trotzdem - ein Lebensweg in Bildern“. Ihr Lebensmotto?
„Trotzdem“ heißt, dass man weiterhin seine Schritte in die für einen selbst richtige Richtung setzt, dass man weitergeht. Bei „Trotzdem“ hat man trotzdem seine Hoffnung noch nicht gänzlich gestrichen, denn irgendeine Lebenshoffnung muss man sich bewahren.

Ich lebe sowieso nicht mehr so lang, aber in der Zeit möchte ich weiterhin, wie auch eines meiner Bücher heißt, „die Stimme erheben“. Das möchte ich, solange ich geistig und körperlich in der Lage bin, auch noch tun. Da hilft mir mehr und mehr dieses „Trotzdem“, in der Früh aufzustehen, obwohl man alt ist und zum Teil müde. Und ich mich dem stelle, wovon ich weiß, dass nicht nur ich, sondern sich viel mehr Menschen getrauen sollten, ihre Stimme zu erheben.

Warum sind Sie denn nie in die Politik gegangen?
Man hat mich zwei Mal dazu aufgefordert, aber wenn ich in die Politik gehe, dann gehöre ich einer Partei an, und dann ist es schon aus. Ich bin natürlich jemand, dessen Herz links schlägt, aber ich neige zu keinerlei Extremismus und bin eine absolute Antifaschistin.

Faschismus schlummert in uns Menschen. Man hat mir damals geschrieben, dass es mir Recht geschieht, dass meine Tochter gestorben ist, weil ich gegen den Jörgl (Anm. Haider) bin. Nach mehreren Briefen dieser Art ist mir klar geworden, was in uns Menschen schlummert. Und um das nicht aufzuwecken, darf man keinesfalls Ängste schüren.

Was wünschen Sie sich?
Ich bin kein religiöser Mensch, ein Agnostiker. Aber ich glaube an das Menschenleben, und solange ich lebe, werde ich das tun. Es bleibt zu hoffen, dass wieder die Vernunft erwacht. Retten kann diesen Planeten nur, wenn die Mächtigen das Einsehen haben. Mein Urenkel ist 3,5 Jahre alt und der soll ja auch noch gut leben können.

Wie halten Sie sich so frisch?
Ich mache kein Fitnesstraining, bin auch nicht schönheitsoperiert. Ich möchte an meinem letzten Tag so aussehen, wie das Leben mich gemacht hat. Ich habe eine Patientenverfügung und bin dafür, dass der Mensch das Recht haben sollte, seinem Leben auch ein Ende setzen. Das Schönste wäre natürlich, friedlich zu entschlafen.

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