Ein Tiroler Schulassistent wirft der KIB Totalversagen vor: „Kein Arbeitsvertrag, keine Kommunikation, keine Leitlinien.“ Die Verantwortlichen weisen die Vorwürfe zum Teil zurück. Und Landesrätin Eva Pawlata betont, dass die Geschäftsführerin ihr „vollstes Vertrauen“ genieße.
Nach der Pleite der GemNova Dienstleistung GmbH wurde unter der Schirmherrschaft des Landes die „KIB - Kinder Bildung gem. GesmbH“ gegründet. Sie bündelt die Agenden rund um Freizeitbetreuung, Schulassistenz und administrative Assistenz an den Tiroler Schulen, wie die „Tiroler Krone“ berichtete. Nur wenige Monate nach der Gründung erhebt Anton Müller (Name von der Redaktion geändert, Anm.), der anonym bleiben möchte, schwere Vorwürfe gegen die KIB. „Ich habe im November des Vorjahres angefangen und bin bis Mitte Februar befristet angestellt. Einen Arbeitsvertrag habe ich aber bis heute nicht bekommen“, schildert Müller im Telefonat mit der „Krone“.
Ich hätte einen Vertrag unterzeichnen sollen, in dem auf andere Schriftstücke verwiesen wird, die ich aber gar nicht einsehen durfte.
Anton Müller (Name geändert)
Zudem sei er in die falsche Gehaltsklasse eingestuft worden. „Im Vorfeld habe ich nur meine Bewerbungsunterlagen geschickt und ausdrücklich gesagt, dass ich andere erforderliche Unterlagen nachreichen kann. All meine Bemühungen, damit ich das mir zustehende korrekte Gehalt bekomme, liefen bisher jedoch ins Leere.“
„Hier werden sogar Hinz und Kunz eingestellt“
Doch es geht noch weiter. Denn gleich an seinem ersten Arbeitstag habe die KIB nicht gewusst, an welcher Bildungseinrichtung Müller eingeteilt werden soll. „Ich wurde dann im Großraum Innsbruck zuerst zwei Wochen einfach an eine Volksschule und später an eine Berufsschule geschickt“, verdeutlicht Müller. Zudem hätte er einen Vertrag unterzeichnen sollen, in dem auf andere Schriftstücke - wie etwa ein Grundkonzept der KIB - verwiesen wird. „Die durfte ich aber gar nicht einsehen“, versichert er.
Was Müller besonders wundert. Um als Schulassistent tätig zu sein und Kinder bzw. Jugendliche zu betreuen, brauche man keinerlei Ausbildung. „Ich war jahrelang in der Hotellerie tätig. Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen habe ich zwar durch Tätigkeiten in diversen Vereinen, über eine pädagogische Ausbildung verfüge ich aber nicht. Bei der KIB können sich Hinz und Kunz bewerben und werden eingestellt.“
Die Arbeit in den Schulen funktioniert echt tadellos. Auch die Zusammenarbeit mit den Lehrern und der Schulleitung. Nur die KIB ist total unfähig.
Anton Müller (Name geändert)
„Notfalls wende ich mich noch an einen Anwalt“
Nicht zuletzt bemängelt Müller, dass „man auch keinen Leitfaden, in dem die Rechte und Pflichten im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen aufgelistet sind, bekommt“. Mit all diesen Vorwürfen wollte er auch Birgit Heidegger, die neue Geschäftsführerin der KIB, konfrontieren und eine Lösung anstreben. „Ich wurde aber nie zu ihr durchgestellt. Mehrere E-Mails blieben unbeantwortet. Auch an die zuständige Landesrätin Eva Pawlata wollte ich mich wenden. Doch da blitzte ich ebenfalls ab.“
Sein vorletzter Gang führte Müller zur „Tiroler Krone“. „Sollte auch das nichts helfen, werde ich das restliche Gehalt über einen Anwalt einfordern“, meint er. Abschließend betont der bald ehemalige Schulassistent, dass „die Arbeit in den Schulen dafür echt tadellos funktioniert. Auch die Zusammenarbeit mit den Lehrern und der Schulleitung. Nur die KIB ist total unfähig“.
„Dienstverträge wurden möglichst rasch erstellt“
Bei der KIB weist man die Vorwürfe zurück. „Was diesen Fall betrifft, kann festgehalten werden, dass der Dienstvertrag ordnungsgemäß ausgestellt und nach Einreichung entsprechender Unterlagen die zutreffende Gehaltseinstufung vorgenommen wurde“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Aus der weiteren Beantwortung lassen sich jedoch Probleme herauslesen, die es zu Beginn gegeben haben dürfte. So teilt die KIB mit, dass „in der ersten organisatorisch und administrativ herausfordernden Anfangsphase alle Dienstverträge so rasch wie möglich aufgesetzt und schrittweise schnellstmöglich zugestellt wurden. Mitarbeiter, die im späteren Verlauf des Semesters eingestellt wurden bzw. aktuell eingestellt werden, erhalten und unterzeichnen wie allgemein üblich den Dienstvertrag im Vorfeld ihres Arbeitsantrittes“.
In den ersten Monaten nach der Gründung lag die Priorität darin, entsprechendes Personal zu finden.
Die KIB
Zum Vorwurf von Müller, dass man bei ihm nicht gewusst habe, wo er eingesetzt werden soll, meint die KIB: „In den ersten Monaten nach der Gründung lag die Priorität darin, entsprechendes Personal zu finden. In einem zweiten Schritt wurden die Mitarbeiter den Schulen zugeteilt, mit denen ein Vertrag abgeschlossen worden war.“ Dabei habe man darauf geachtet, dass Schulassistenten bzw. Freizeitpädagogen, die zuvor über die ehemalige Bildungspool Tirol gem. GmbH in einer bestimmten Schule tätig waren, weiterhin dort zu beschäftigen, um sowohl bei Schülern als auch Mitarbeitern für Kontinuität zu sorgen.
„Der Großteil verfügt über eine pädagogische Ausbildung“
Und wie sieht es mit den Voraussetzungen aus, um bei der KIB zu arbeiten? „Die KIB sucht Schulassistenten, die idealerweise über die Ausbildung ,Assistenz an Schulen‘ oder eine gleichwertige pädagogische Ausbildung verfügen, selbstständig arbeiten und ein hohes Verantwortungsbewusstsein aufweisen, Freude und Erfahrung im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen haben, sicher auftreten und über soziale und kommunikative Kompetenzen sowie Belastbarkeit, Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit verfügen.“
Birgit Heidegger gilt als ausgewiesene Expertin im Bereich der Bildung. Sie genießt mein vollstes Vertrauen.
Eva Pawlata
Bild: Johanna Birbaumer
Dennoch scheinen nicht alle Schulassistenten und Freizeitpädagogen über eine Ausbildung zu verfügen. Wörtlich heißt es dazu: „Der Großteil der derzeit bei der KIB beschäftigten Schulassistenten verfügt über eine pädagogische Ausbildung. Im Rahmen von Kick-Off-Veranstaltungen werden die rechtlichen und fachlichen Rahmenbedingungen nähergebracht. Die KIB legt großen Wert auf die fachliche Qualifikation und wird auch künftig die kontinuierliche fachspezifische Fortbildung der Mitarbeiter forcieren. Um möglichst viele Mitarbeiter der ehemaligen GemNova Bildungspool Tirol gem. GmbH - fachspezifische Qualifikationen waren für die Tätigkeit nicht vorausgesetzt - wieder in der KIB zu beschäftigen, wurde diese Vorgehensweise beibehalten.“
Aktuell 640 Mitarbeiter in 36 Gemeinden
Landesrätin Eva Pawlata teilt indes mit, dass „zu weiteren Themen, die es künftig zu bearbeiten gilt, neben der Qualifizierung der Mitarbeiter sowie der Erarbeitung von fachlichen Leitfäden auch die Erstellung eines Konzepts für über das Kernangebot hinausgehende außerschulische Angebote zählt. Diese Aufgaben obliegen nun der neuen Geschäftsführerin und ausgewiesenen Bildungsexpertin Birgit Heidegger, die dabei mein vollstes Vertrauen hat“. Aktuell seien 640 Mitarbeiter in 36 Gemeinden bei Schulen unterstützend tätig.
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