Terror in der Familie

Waffe auf Sohn gerichtet: „Wollt nur fernsehen!“

Gericht
18.01.2024 15:44

„Du H*renkind, jetzt erschieß‘ ich dich“, habe ein 86-Jähriger seinem Sohn zugerufen, bevor er ihm eine Waffe an den Kopf hielt. Und auch abdrückte. Beim Mordversuch sei es nur geblieben, weil die Pistole nicht entsichert war. Der angeklagte Wiener: „Ich wollte ihn nur schrecken. Ich wollt‘ ja eigentlich nur in Ruhe Fernsehen schauen.“ Versuchter Mord ist es laut den Geschworenen aber nicht. 

Mit seinem Rollator, zusätzlich gestützt von seinem Verteidiger Florian Kreiner und flankiert von einer Justizwachebeamtin betritt ein gebrechlicher 86-Jähriger den großen Schwurgerichtssaal in Wien. Ein Bild, das sich mit den wilden Vorwürfen in der Anklageschrift schwer in Verbindung bringen lässt: Er soll versucht haben, seinen eigenen Sohn umzubringen.

Streit um Mopedschlüssel oder Autosticker
Mit seiner Ehefrau und dem Opfer lebte der Wiener seit Jahrzehnten in einem Reihenhaus im 22. Bezirk. „Bis auf Gemeinheiten und Sticheleien haben sich die drei schon seit zwei Jahren nichts mehr zu sagen“, verdeutlicht die Staatsanwältin die schlechten familiären Beziehungen. Warum es am 29. Juli 2023 wieder einmal zu einem Streit gekommen ist, dazu gibt es verschiedene Angaben: versteckte Schlüssel oder Sticker auf Autos - Lappalien also. 

Verteidiger Kreiner kenne aber den Hintergrund: „Der Sohn ist mehrfach vorbestraft und hat ein Waffenarsenal zu Hause. Er hat seinen Vater massiv gequält und beschimpft. Mein Mandant wollte auch einmal Zähne zeigen und seinem Sohn Angst machen.“ Deswegen zückte der 86-Jährige in der Garage des Reihenhauses seine Faustfeuerwaffe, hielt sie dem 51-Jährigen gegen den Kopf - dann soll er abgedrückt haben. Es habe aber lediglich leise geklickt, die Pistole war nicht entsichert. Zweimal habe der Wiener noch auf den Bauch seines Sohnes gezielt. 

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Ich hab ihm die Pistole an den Kopf gehalten. Ich habe sie auch durchgeladen und abgedrückt. Leider habe ich Trottel vergessen, die Sicherung rauszugeben. Hat leider nicht geklappt.

Der Angeklagte (86) vor der Polizei am Tattag

„Ich hab ihm die Pistole an den Kopf gehalten. Ich habe sie auch durchgeladen und abgedrückt. Leider habe ich Trottel vergessen, die Sicherung rauszugeben. Hat leider nicht geklappt“, das sagte der Angeklagte noch am Tatort zu den einschreitenden Polizeibeamten. Die Faustfeuerwaffe besaß der 86-Jährige illegal. Gegen ihn besteht seit zwei Jahren ein aufrechtes Waffenverbot. „In diesem Punkt wird er auch zu verurteilen sein“, räumt Anwalt Kreiner ein. 

Weil er nicht mehr so gut höre, darf der Wiener auf einem Sessel einen halben Meter vor dem Richterpult Platz nehmen. Und klagt Richterin Magdalena Klestil-Krausam sein Leid: Sein Sohn habe seinen Fernseher verstellt, seine Dokumente weggenommen. Seine Frau habe ihm eine Schüssel kaltes Wasser über den Kopf geleert, seinen Lieblingshund einschläfern lassen.

„Wenn ich einen Heimplatz bekommen hätte, wäre ich ja eh ausgezogen“, schildert der 86-Jähriger seine Pläne, das gemeinsame Reihenhaus zu verlassen. Und auch sein Nachbar sagt im Zeugenstand: „Der arme Mann ist ja nur geschimpft worden von seiner Familie. Er hat sein ganzes Leben nur gearbeitet.“

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Ich hätte ihn ja gar nicht erschossen. Ich wollte ihn nur schrecken. Ich wollt ja eigentlich nur in Ruhe Fernsehen schauen.

Der Angeklagte im Wiener Landesgericht

Ende Juli des Vorjahres habe es dem Mann gereicht: „Ich hätte ihn ja gar nicht erschossen. Ich wollte ihn nur schrecken. Ich wollt ja eigentlich nur in Ruhe Fernsehen schauen.“ Er habe gewusst, dass die Pistole gesichert war. Warum er überhaupt eine habe, möchte Frau Rat wissen. „Wissen Sie, wie viele Leute in meiner Siedlung eine illegale Waffe haben?“

Sohn im Zeugenstand: „Er ist rabiat“
Der 51-jährige Sohn liefert im Zeugenstand eine vollkommen andere Version. Im Rollstuhl sitzend, klagt er über seinen Vater: „Wir sind nicht gut ausgekommen. Das war von klein auf schon so. Er hat gesagt, ich bin schuld, dass sich meine Eltern das erste Mal scheiden lassen haben. Er hat zwei Gesichter. Da müssen Sie aufpassen. Er ist rabiat.“ Es werden aber schnell Widersprüche zwischen seiner polizeilichen Vernehmung und seiner Aussage vor Gericht laut. Sein Vater würdigt den Zeugen keines Blickes, bleibt die ganze Zeit mit dem Rücken zu seinem Sohn sitzen und schüttelt immer wieder fassungslos den Kopf. 

Neues Zuhause für Pensionisten
Dass der 86-Jährige seinen Sohn nicht erschießen wollte, glaube ihm die Geschworenen. Deswegen wird er wegen gefährlicher Drohung und unerlaubtem Waffenbesitz schuldig gesprochen. Die Strafe: Zehn Monate bedingte Haft. Der Wiener kann also nach Hause gehen. Verteidiger Florian Kreiner stellt aber klar, dass sein Mandant auf keinen Fall in das gemeinsame Reihenhaus zurückkehre. Seine Tochter nimmt den Pensionisten auf, bis sich ein Pflegeheimplatz finden lässt.

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