„Krone“-Analyse

Was aus Wünschen der Wiener an die Politik wurde

Wien
02.01.2024 19:00

Vor genau einem Jahr haben wir die Wiener gefragt: Was wünschen Sie sich von der Politik? Hunderte Mails und Briefe sind in der „Krone“-Redaktion eingelangt. Jetzt schauen wir uns die Baustellen noch einmal genauer an - von Asyl über Wohnen und Verkehr bis Sicherheit. Was hat sich verbessert?

Mehr Beamte für mehr Sicherheit
Die zunehmende Gewalt in der Stadt besorgte die Leser im Vorjahr. Die Wünsche an die Politik: Mehr Polizeipräsenz auf den Straßen, nur so kann das Sicherheitsgefühl der Stadtbewohner gestärkt werden. Konkret wird Favoriten von einem Leser als Problembezirk genannt. Und tatsächlich: Zuletzt kam es in der Silvesternacht wieder einmal zu einer heftigen Schlägerei in der Gußriegelstraße, an der 22 Männer beteiligt waren. Der Ruf nach mehr Uniformierten im einwohnerstärksten Bezirk wurde lauter.

Im Vorjahr kam Bewegung in die Sache: So wurden sowohl Bereitschaftseinheiten aufgestockt als auch die Polizeiinspektionen in Favoriten bei Besetzungen „überberücksichtigt“. Außerdem soll ein ganz neues, modernes Polizeikommissariat Favoriten entstehen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 415 Exekutivbeamte aufgenommen. Angesichts der weiterhin aufrechten Terrorgefahr bleiben die derzeitigen polizeilichen Vorkehrungen bis auf weiteres aufrecht.

Gemeinde-Deckel beim Wohnen
Rasant steigende Preise, auch bei den Mieten, macht für viele Wiener das Wohnen kaum mehr stemmbar. Die Rufe nach leistbarem Wohnen wurden daher immer lauter. Die gute Nachricht zuerst: Für alle Gemeindebau-Mieter gibt es eine Entlastung. Für die nächsten zwei Jahre werden die Mieten nämlich nicht erhöht. Die entfallenen Erhöhungen der Jahre 2024 und 2025 werden zu einem späteren Zeitpunkt auch nicht nachträglich eingehoben. Von der Regelung profitieren etwa 370.000 Mieter.

Doch es gibt einen großen Wermutstropfen: der temporäre Mieten-Stopp gilt nur für Haushalte im Gemeindebau. Immerhin 210.000 Haushalte sind in der Bundeshaupt- stadt private Richtwert- und Kategoriewohnungen. Diese werden von der Mietpreisbremse des Bundes erfasst. Dazu kommen allerdings noch rund 130.000 Haushalte mit freien Mietverträgen, die nicht vom geplanten Mietpreisdeckel profitieren. Für diese fehlt jede Lösung. Die Miete kann hier also weiter in ungeahnte Höhen schießen.

Der Verkehr stockt weiter
In vielen europäischen Städten ist eine verkehrsberuhigte Innenstadt längst Realität. Auch in Wien sollte es sie laut Rathaus längst geben. Nach jahrelangen Debatten gäbe es dazu ein fertiges Konzept von der Stadt. Doch die gesetzliche Grundlage für die kamerabasierte Überwachung fehlt immer noch. Weil Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hier weiter auf der Bremse steht, wie die Stadt beklagt. Ähnliches gilt für den Bau des Lobautunnels, den sich viele „Krone“-Leser wünschen.

Doch auch dieser wird weiter nicht umgesetzt, sondern vom grünen Klimaministerium nur geprüft und somit auf die lange Bank geschoben. Die Leser wünschen sich jedenfalls, dass der Verkehr fließt: Bei der Diskussion um Tempo 30 in den Straßen Wiens halten sich Gegner und Befürworter die Waage. Alleingänge von Bezirken, die autofreie Sonntage einführen wollten, sind da eher kontraproduktiv. Und so bleibt eine weit verbreitete Unzufriedenheit.

Ausbau der Öffis umgesetzt

Das vergangene Jahr war kein leichtes für Öffi-Passagiere. Bis Anfang September 2023 gab es auf 19 der 28 Straßenbahnlinien und 16 der 131 Buslinien ausgedehnte Intervalle. Die Wiener Linien sind zwar wieder im Takt unterwegs, doch eine wachsende Stadt braucht auch ein leistungsfähiges Öffi-Netz. Viele Leser fordern daher zu Recht einen Ausbau.

Hier tut sich etwas: Der U2xU5-Bau schreitet voran. Ab Schuljahres- beginn ist zudem die Sperre auf der U2 zwischen den Stationen Schottentor und Karlsplatz wieder aufgehoben. Mitte 2024 starten die Arbeiten für die neue Bimlinie 12, die das Nordbahnviertel mit dem Rest der Stadt verbinden wird. Ab Herbst 2026 fährt die Linie 18 außerdem von der Schlachthausgasse bis zum Stadion. Mit der Linie 27 gibt es ab Herbst 2025 außerdem eine neue Straßenbahn für die Donaustadt.

Gesundheit noch schlimmer

Vor einem Jahr haben unsere Leser die langen Wartezeiten in Spitalsambulanzen bemängelt. Ein Jahr später hat sich die Situation nicht gebessert - im Gegenteil, der Personalmangel macht sich mehr denn je bemerkbar. In der Klinik Ottakring wurden deshalb 2023 mehrmals Warnstreiks abgehalten. Ende März berichtete die „Krone“ über die unhaltbaren Zustände auf der Notfallstation des Wiener AKH - wie Fotos belegen, lagen gleich vier Personen nicht wie gewohnt in ihrem Krankenbett im Zimmer, sondern entweder in einem Gangbett oder gleich auf Matratzen auf dem Boden.

Zwar wurden vergangenes Jahr zahlreiche Unternehmungen gestartet, um fehlendes Personal zu rekrutieren. Bis diese greifen, wird es aber noch dauern. 2024 ist daher wohl keine merkbare Entspannung in Sicht.

Mehr Ausgaben für Asyl
Die Flüchtlingsthematik ist und bleibt ein Dauerbrenner. „Krone“-Leser haben sich für 2023 eine Kürzung der Sozialleistungen (jedenfalls was monetäre Bezüge betrifft) gewünscht - weniger Geld, dafür Sachleistungen. Dieser Vorschlag wurde nicht erhört. Trotz sinkender Bezieher-Zahlen hat Wien 2023 allgemein mehr für die Mindestsicherung ausgegeben als je zuvor, konkret 755 Millionen Euro.

Und die Flüchtlingshilfe ist um 160 (!) Prozent gestiegen. Auch beklagen Leser in einigen Stadtteilen die überbordende Zuwanderung. Auch hier gab es 2023 keine Kehrtwende. Die Aussagen des Bezirksvorstehers nach einem Machetenmord in der Brigittenau zeigten, wie einige Politiker bei diesem Thema wegschauen - der damalige Bezirkschef warf nach Kritik das Handtuch.

Lage beim Parken etwas besser
Gab es beim neueingeführten flächendeckenden Parkpickerl 2022 einige Pannen, hat sich die Situation im Vorjahr eingependelt. Die Beschwerden der Leser wurden weniger und die guten Seiten des Pickerls traten in den Vordergrund. So bieten viele ehemals zugeparkte Abstellflächen Platz für Grünflächen. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) lässt derzeit noch eine mögliche Nutzung dieser Flächen evaluieren.

Indes ist auch keine Gebührenerhöhung für das Parkpickerl - zehn Euro pro Monat exklusive Verwaltungskosten - vorgesehen. Ein Pickerl für ganz Wien, wie eine Leserin gefordert hat, ist weiterhin höchst unwahrscheinlich. Für Lehrer und andere Berufsgruppen, die in anderen Bezirken arbeiten, bleibt das Parken daher ein Problem.

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