Nach Verfolgungsjagd

Abenteuerliche Rechtfertigungen eines Schleppers

Burgenland
16.08.2023 19:00

Prozess in Eisenstadt: Ausgerechnet ein Schlepper, der unter Verfolgungswahn leidet, lieferte sich mit der Polizei eine wilde Verfolgungsjagd. Der Mann (36) hatte 20 Personen an Bord, darunter acht Kinder. Vor Fahrtantritt hatte er Kokain konsumiert.

Es geht ziemlich schleppend zu in dieser Woche am Landesgericht Eisenstadt: Sieben Prozesse wegen illegaler Menschentransporte sind anberaumt, zwei sind bereits über die Bühne – darunter der womöglich spannendste.

Van war im Sonderangebot
Der 36-jährige Türke Osan A., der seit 2006 in Deutschland und dort seit eineinhalb Jahren von der Sozialhilfe lebt, hat wegen diagnostizierter paranoider Schizophrenie um eine Rente angesucht. Die Antwort der Behörden ließ auf sich warten, das dürfte die Nerven überstrapaziert haben. „Ich brauchte Erholung und fuhr alleine nach Ungarn“, sagte A., der sich dafür extra einen siebensitzigen Van mit abgedunkelten Scheiben geliehen hatte. „Weil der war im Sonderangebot.“

Nun dürfte auch das Navi verrückt gespielt haben. In Kroatien wurde der Wagen des 36-Jährigen angehalten, an Bord befanden sich 15 Personen ohne Dokumente. „Daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern“, so A., der, warum auch immer, weiterfahren durfte.

Nur ja niemanden im Regen stehen lassen!
Nur vier Tage später traf er in Ungarn einen Freund aus Deutschland, natürlich rein zufällig. „Er hat mich gefragt, ob ich zehn, zwölf Leute 200 Kilometer weit führen kann und mir dafür 1500 Euro angeboten.“ Weil er Kokain geschnupft hatte, sei er gefühlsmäßig beeinträchtigt gewesen und habe zugesagt. In einem Waldstück warteten 20 Türken. „Ich habe ein paar einsteigen lassen und bin losgefahren.“ Nach 500 Metern hielt A. an. „Die Leute im Regen haben mir leid getan.“ Also rein mit ihnen allen, und mit zwölf Erwachsenen, fünf Buben und drei Mädchen an Bord konnte es losgehen Richtung Wien.

Mädchen aus dem Auto getreten
Der Wagen passierte die Grenze am Helenenschacht in Ritzing. Auf der A3 Höhe Abfahrt Müllendorf wurde eine Zivilstreife auf den überladenen Van aufmerksam und nahm mit Blaulicht und Folgetonhorn die Verfolgung auf. A. raste unbeeindruckt weiter, schnitt die Polizisten zweimal lebensbedrohlich und hielt bei der Abfahrt Pottendorf an. „Weil wir die Fahrertür blockiert hatten, trat er ein Mädchen vom Beifahrersitz, dass er raus konnte“, berichtete ein Beamter, der dem Fliehenden hinterherrannte und vier Schreckschüsse in die Luft abgab. In einem Feld konnte A. gestellt werden.

Das Urteil – drei Jahre und zwei Monate unbedingt – akzeptierte der 36-Jährige bedingungslos.

Zwei Jahre Haft für einen verhinderten Zuckerbäcker
Der zweite Prozess am gestrigen Tag ist rasch erzählt: Ein Syrer, der jetzt Schwede ist, flog von Dänemark nach Ungarn, um 30 Personen über die Grenze nach Österreich zu bringen. In Neumarkt an der Raab wurde der 35-Jährige, dem 25.000 Euro in Aussicht gestellt worden waren, gestoppt. Der Putzmann will nach den zwei Jahren Haft, die er ausfasste, auf Zuckerbäcker umsatteln.

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