Auf Kur in Deutschland

Baden-Baden: Eine Kuh für Kaiserin Sisi

Reisen & Urlaub
13.07.2023 09:00

Auch Elisabeth von Österreich ließ sich im mondänen Kurort Baden-Baden behandeln. Schlösser in der Umgebung bieten spannende Einblicke. Eine Verbindung zu Wien gibt es auch.

Ach, war das eine Aufregung“, ereifert sich die charmante Dame im weißen Empire-Kleid mit dem roten Umhang und dem kleinen Diadem im Haar und verrollt die Augen: „Kaiser Napoleon war da. Und das Schlimmste daran: Er hat seinen Besuch nur drei Tage vorher angekündigt. Sechs Gänge waren für das Staatsbankett vorbereitet, der Koch gab sein Bestes. Aber der Kaiser ist nach zwei Gängen aufgestanden. Er war offenbar nicht hungrig. Deshalb mussten alle anderen auch das Essen beenden. Nur die Dienerschaft hat das gefreut. Sie haben alles abbekommen, und wir blieben hungrig. Ein Jammer.“

Witzige Erzählungen einer Hofdame
Wir stehen im Hof des Schlosses Ludwigsburg nahe Stuttgart in Deutschland. Die elegant gekleidete Frau im Stil vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist niemand anderer als Fremdenführerin Laura, die in die Rolle der fiktiven Hofdame „Katharina von Spiegel“ geschlüpft ist. Sie beschreibt in ihrem charmanten schwäbischen Dialekt, wie es war, an der Seite von Königin Charlotte Mathilde zu leben. Wir werden in das Jahr 1808 zurückversetzt, als König Friedrich I. von Württemberg im Schloss Ludwigsburg residierte. Die zwei müssen ein imposantes Paar gewesen sein. Friedrich I. war 2,11 Meter groß, seine Frau Charlotte Mathilde 120 Kilo schwer.

Kurort als Treffpunkt für Reich und Schön
Schloss Ludwigsburg verfügt über ein originalgetreu erhaltenes Barock-Theater, von denen es in Europa nur mehr zwei gibt. Auch die komplizierte Bühnenmechanik aus dem 18. Jahrhundert wird noch immer verwendet.

Eineinhalb Stunden von Ludwigsburg entfernt befindet sich der mondäne Kurort Baden-Baden. Er war schon immer ein Treffpunkt der Reichen und Schönen. Kaum ein Promi, der nicht den Weg in die Stadt gefunden hat. David und Victoria Beckham wurden hier gesichtet, ebenso George Clooney mit seiner Frau Amal. Und früher waren es Künstlergrößen wie die Komponisten Georges Bizet, Charles Gounod oder Franz Liszt. Hector Berlioz schrieb für den Ort sogar eine Oper.

INFOS

  • ÖFFNUNGSZEITEN DER SCHLÖSSER
    Das Schloss Ludwigsburg ist täglich geöffnet, aber nur mit Führungen zu besichtigen.
    Das Schloss Rastatt ist nur am Montag geschlossen, ebenso das Schloss Bruchsal.
  • CASINOEINTRITT
    Der Zutritt zum Casino Baden-Baden ist ab 21 für fünf Euro gestattet.
  • ALLGEMEINE AUSKÜNFTE
    Viele Infos gibt es auf der Seite des Baden-Württemberg Tourismus:
    www.tourismus-bw.de
    germany.travel

Selbst Kaiserin Elisabeth von Österreich ließ sich im Kurhaus behandeln. Sie brachte angeblich eine Kuh mit, die die Herrscherin ständig mit frischer Milch versorgte. Sissi-Darstellerin Romy Schneider war gute hundert Jahre später ebenfalls zu Gast. Die Hoffnungen, sie im örtlichen Theater in der Rolle ihres Lebens zu sehen, erfüllten sich nicht.

Baden-Baden hatte stets enge Kontakte zu Russland. Das begann damit, dass Zarin Katharina einen ihrer Söhne mit einer Prinzessin des Herrscherhauses Württemberg verehelichte. Viele Künstler aus Russland folgten. Der Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewskij verspielte im Casino alles und musste bei Nacht und Nebel den Ort verlassen, weil ihm ein „standesgemäßer Aufenthalt“ nicht mehr möglich war. Sein Trauma hat der Romancier in seinem Buch „Der Spieler“ verarbeitet.

Casino mit dem Prunk des 19. Jahrhunderts
Die Kur ist ein Motiv für einen Besuch in Baden-Baden, das Casino ein sehr angenehmer Nebeneffekt. Auch wer nicht spielt, sollte etwas Zeit in den wunderschönen, üppig ausgestatteten Spielhallen mit dem fast protzigen Prunk des 19. Jahrhunderts verbringen. Es ist hochinteressant, das Treiben an den Spieltischen zu beobachten.

Die Profis sind leicht zu erkennen. Sie starren konzentriert auf den bedruckten Filz, verfolgen jede Handbewegung des Croupiers. Manche spielen gar auf mehreren Tischen parallel. Das Casino hat fast immer geöffnet, nur einmal war es für eine Woche geschlossen. Zum NATO-Gipfel, der 2010 das Leben in dem sonst beschaulichen Ort lahmlegte. Ein – wenn auch kleiner – protokollarischer Eklat blieb nicht aus. Man hatte vergessen, für den damaligen italienischen Staatschef Berlusconi ein Hotel zu buchen. Er musste mit einem Vier-Sterne-Haus vorliebnehmen, das noch dazu den Namen „Der kleine Prinz“ trägt. Fast peinlich für den Politiker, der große Auftritte liebte.

Doch zurück zu den Schlössern im Schwarzwald. Nur 20 Minuten von Baden-Baden entfernt befindet sich das Residenzschloss Rastatt. Erbaut wurde es im 17. Jahrhundert von Markgraf Ludwig-Wilhelm. Der hatte den Spitznamen „Türkenlouis“. In nicht weniger als 57 Schlachten, großteils gegen türkische Heere, wurde er niemals besiegt. Unter anderem nahm er auch 1683 an der Seite von Prinz Eugen an der Schlacht am Kahlenberg teil.

Schloss als Stammhaus eines Wiener Kardinals
Ebenfalls eine Verbindung zu Wien gibt es im Schloss Bruchsal, das etwa eine Stunde entfernt ist. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, aber danach mit viel Liebe zum Detail wieder aufgebaut. Es gehört der weitverzweigten Familie des Wiener Kardinals Schönborn. Auch der Erbauer war bereits ein hoher Priester, Fürstbischof Damian Hugo.

Wer müde vom Besichtigen der Schlösser ist, dem sei eine Rast in einem der vielen Lokale empfohlen. Zum Beispiel im Gasthaus Löwenthor in Gondelsheim mit seiner 300 Jahre alten Gaststube. Im Rheintal hat man gute Küche schon immer zu schätzen gewusst, und auch der edle Tropfen durfte nicht fehlen. Riesling wird hier wie in unseren Breiten angebaut, doch schmeckt er ganz anders. Eine Verkostung ist eine spannende Sache. Und wer in der heimeligen Gaststube des Löwenthor einige Zeit verbringt, der vermeint vor dem Haus Pferdegeklapper zu hören – so wie vor Jahrhunderten. Ein Vorläufer des Lokals war nämlich Raststelle an der Thurn & Taxis’schen Postkutschenlinie Mechelen(Belgien)–Wien.

Peter Grotter
Peter Grotter
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