Franz Lederer wird sich schon etwas dabei gedacht haben, dass er vor Absolvierung der UEFA-Profitrainerlizenz ausgerechnet bei Thomas Schaaf hospitierte. Der ist mittlerweile zwölf Jahre Cheftrainer bei Werder Bremen, Burgenlands Ausgabe an Vereinsverbundenheit mit Freitag exakt sieben Jahre beim SV Mattersburg. "Macht's doch wieder eine Geschichte, wenn ich etwas geschafft habe, das ist mir lieber als alle Jahre eins dazuzuzählen", antwortete der 47-Jährige zu Wochenbeginn fast verlegen auf die Interview-Anfrage eines TV-Senders zum "Jubiläum".
Nur Osim war noch länger im Amt
Dabei erinnert er sich natürlich noch haargenau daran, wie am 18. November 2004 um die Mittagszeit sein Handy läutete und er ins Büro von Klubchef Martin Pucher zitiert wurde. "Er hat mir mitgeteilt, dass sich der Verein von Trainer Mushin Ertugral trennte und ich im Heimspiel gegen Bregenz für Taktik und Aufstellung verantwortlich sein werde."
Mehr war damals nicht besprochen worden, an ein zweites oder gar drittes Spiel hatte Lederer nicht gedacht, als er danach sein erstes Training als "Chef" im Pappelstadion leitete. Der Rest ist bekannt, dem 5:2 über die Vorarlberger folgten bislang 248 weitere Bundesligapartien, 14 Vorbereitungen, ein Stadthallensieg, zwei Pokalfinali, die zweifache Qualifikation für den UEFA-Cup. Kurz: die hinter Ivica Osim, der von Juni 1994 bis September 2002 acht Jahre, drei Monate und 14 Tage lang Sturm Graz betreute, längste durchgehende Trainer-Ära der Fußball-Bundesliga.
"Eigentlich unfassbar, gerade der Fußball ist ein reines Tagesgeschäft – da kannst' Meister sein und sechs Wochen später bist du schon wieder Geschichte", weiß der Langzeitcoach über die Kurzlebigkeit von Erfolgen: "Ich kann aber nur immer wieder betonen, dass es dafür auch einen Verein braucht, der so eine Philosophie lebt und durchzieht."
Keine geschützte Werkstatt
Der SV Mattersburg – eine geschützte Werkstatt für Franz Lederer? "Ganz sicher nicht, ich muss genauso Tag für Tag meine Arbeit abliefern, die letztlich am Ergebnis gemessen wird", sagt der Ur-Mattersburger, der mit 1,19 Punkten pro Partie immer noch der erfolgreichste SVM-Trainer in der Bundesliga ist, "es hat aber auch Negativphasen gegeben, wo es nur an Martin Pucher lag, er eben das Gefühl hatte, dass es mit mir passt und wir da wieder rausfinden".
Die jüngsten beiden Saisonen steckt Mattersburg im Tabellenkeller fest – denkt man da nicht mit Wehmut an die "goldenen Zeiten" der Grün-Weißen zurück? "Natürlich waren die ersten Jahre leichter, da hatten wir eine g'standene Mannschaft und stets eine tolle Kulisse – aber es war abzusehen, dass die Leistungsträger von damals nicht jünger werden und es auf Sicht für den Verein nur einen Weg geben kann."
"Es gibt nichts Schöneres"
Den man mit dem Bau der Akademie und dem Einbau junger Spieler konsequent verfolgt. Für Lederer eine Aufgabe und Herausforderung, die ihm den Langzeitjob nicht langweilig werden lässt: "Fußballtrainer, noch dazu in der Bundesliga und im eigenen Ort – da gibt's nichts Schöneres!" Ein Jahr, drei Monate und 14 Tage fehlen ihm noch, dann gibt's auch nichts Längeres in Österreich.
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