Rolle der Atomkraft

Rot-weiß-rote Kritik an EU-Nachhaltigkeitsplänen

Politik
16.03.2023 19:10

Europa soll wettbewerbsfähiger gegenüber den USA sowie China werden. Dabei sollen auch allzu große Import-Abhängigkeiten von einzelnen Staaten vermieden werden. Dazu hat die EU-Kommission am Donnerstag ein Paket mit zwei Gesetzesvorhaben vorgelegt. Dass dabei Atomkraft „klimaneutraler“ Teil der Pläne ist, stört Grüne, Arbeiterkammer und WWF.

Mit festen Zielvorgaben im neuen „Critical Raw Materials Act“ soll die Importabhängigkeit von Rohstoffen wie Lithium und Seltener Erden sinken, besagt einer der Vorschläge. Mindestens zehn Prozent solcher strategisch wichtiger Rohstoffe sollen gemessen am Jahresverbrauch künftig in der EU gefördert werden, 40 Prozent verarbeitet und 15 Prozent recycelt. Zudem soll die EU von keinem Drittland zu mehr als 65 Prozent abhängig sein. Das soll gelingen, obwohl die Nachfrage steigt.

Kommissionschefin Ursula von der Leyen betonte in Brüssel, man verstärke die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Handelspartnern auf der ganzen Welt, um die Abhängigkeit der EU von nur einem oder wenigen Ländern zu verringern. Die EU beziehe etwa 98 Prozent ihrer seltenen Erden und 93 Prozent ihres Magnesiums aus China. Bei Seltenen Erden liegt der chinesische Marktanteil bei fast 90 Prozent. Lithium kommt zum größten Teil aus China oder Chile. Doch auch in Europa gibt es Vorkommen. Etwa auf der Koralm zwischen Kärnten und der Steiermark.

China ist der wichtigste Lieferant von Seltenen Erden. (Bild: AFP)
China ist der wichtigste Lieferant von Seltenen Erden.

„Tempo und Vereinfachung für Fördergelder“
Um den Abhängigkeitsrisiken weiter zu begegnen, sollen mit einem zweiten Gesetzesvorschlag (Net-Zero Industry Act/Netto-Null-Industrie-Gesetz) unter anderem Genehmigungsverfahren für strategisch wichtige Wertschöpfungsketten erleichtert werden. Zudem sieht der Vorschlag vor, Beihilferegeln zu vereinfachen und die Verwendung von EU-Mitteln zu flexibilisieren. „Kurz gesagt, das Netto-Null-Industrie-Gesetz sorgt für Tempo, Vereinfachung und es stellt Fördergelder bereit“, sagte von der Leyen. Welche Industrien genau von Sonderregeln profitieren sollen, wurde bis zuletzt diskutiert.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die europäische Industrie nachhaltiger und unabhängiger machen - auch mithilfe der Atomkraft. Das sieht die österreichische Bundesregierung sehr kritisch. (Bild: APA/AFP/FREDERICK FLORIN)
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die europäische Industrie nachhaltiger und unabhängiger machen - auch mithilfe der Atomkraft. Das sieht die österreichische Bundesregierung sehr kritisch.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) begrüßte zwar die Pläne an sich, lieferte aber ein großes Aber: „Eine völlig falsche Entscheidung für Österreich ist, Atomkraft im Net-Zero Industry Act aufzunehmen.“ Insgesamt sei es hingegen wichtig, dass Europa eine gemeinsame Antwort auf die Wettbewerbspläne der USA und von China finde. „Mit dem Net-Zero Industry Act gibt es nun einen Vorschlag, wie wir Europa als zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort stärken können und den Klimaschutz zu einem Wettbewerbsvorteil machen.“ Beides gehöre zusammen, denn Zukunftsinvestitionen sind Investitionen in den Klimaschutz, also Investitionen in saubere, erneuerbare Energien. Die PV-Industrie zu stärken und den Sektor der Windkraft sowie Wärmepumpen auszubauen sei jedenfalls der richtige Weg.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler übt Kritik an der EU-Kommission, die Atomkraft als nachhaltig klassifiziert. (Bild: AP)
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler übt Kritik an der EU-Kommission, die Atomkraft als nachhaltig klassifiziert.

Umweltorganisationen: Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verlängert
„Leider hat die Europäische Kommission diese für die Energiewende nötigen Technologien mit Methoden wie der CO2-Abscheidung und -Speicherung oder Atomkraft in einen Topf geworfen“, hieß es auch von WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. „Damit riskiert Europa eine unnötige Verlängerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und von der Atomkraft.“ Global 2000 gab sich „zutiefst besorgt“, denn die Verordnung diene eher als Instrument zur Sicherung der Versorgung des massiven europäischen Überkonsums, als der Senkung der Rohstoffnachfrage und der Förderung der Ressourcengerechtigkeit.

AK: „Atomenergie nicht gleichwertig mit Erneuerbaren“
Auch die Arbeiterkammer sprach sich deutlich dagegen aus, Atomkraft wie vorgeschlagen als klimaneutrale Technologie zu definieren. Ein Gutachten des österreichischen Klimaministeriums weise nach, dass Atomkraft niemals klimaneutral sein könne. Weder die Erzeugung noch die Endlagerung seien nachhaltig oder förderwürdig. Die österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen „lehnen es kategorisch ab, Atomenergie als gleichwertig mit Erneuerbaren Energien einzustufen“.

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