„Krone“-Interview

Kogler: „Wir brauchen das Gas noch Jahre“

Politik
19.02.2023 22:56

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ärgert sich über Verhalten der Opposition und sieht eine hohe Treffsicherheit bei Förderungen in der Corona-Krise. Zuversichtlich zeigte er sich, was die Energiewende angeht, auch wenn Österreich Erdgas „noch Jahre“ brauchen werden.

„Krone“: Die EU hat ein Verbot für Verbrennermotorenbeschlossen, was bedeutet das für die Autozulieferindustrie?
Werner Kogler: Ab 2035 gibt es nur mehr Neuzulassungen für abgasfreie PKW, das gibt Planungssicherheit für die Industrie. Gerade die österreichischen Unternehmen haben da viel Innovationskraft. Deswegen ist der grüne Umbau der Industrie der Automobilindustrie doppelt sinnvoll, denn hier sind hochwertige Jobs drinnen. Man soll sich auch hier nicht fürchten, sondern die Chancen sehen.

Es gibt viel Kritik an den E-Autos, sind sie wirklich die Lösung?
Richtig wäre die Kritik ohne Weiterentwicklung. Die Akku-Technologie ist die entscheidende Frage. Das ist der Engpass bei den E-Autos, sowohl ökologisch als auch ökonomisch. Aber die Akkus werden immer langlebiger und leistungsstärker und an der Wiederverwertbarkeit wird erfolgreich gearbeitet.

Müsste nicht mehr auf den öffentlichen Verkehr gesetzt werden?
Da rennen Sie bei uns Grünen offene Türen ein. Umstieg auf den öffentlichen Verkehr ist immer gescheiter. Beim Ausbauen der Infrastruktur geht so viel weiter wie noch nie zuvor. Oft geht es um Wahlfreiheit - es muss aber durch verbessertes und flächendeckende Angebot auch Wahlfreiheit für den Umstieg auf die Öffis geben.

Wie lange werden wir Gas noch brauchen?
Wir brauchen das Gas noch Jahre - reduziert, aber doch. Wir sind schon dabei, den nächsten Winter zu sichern. Da oder dort wird man es vielleicht in Spezialindustrien über 2040 hinaus noch brauchen. Deswegen können wir die Klimaneutralität trotzdem schaffen.

Wird es weitere Unterstützungen durch den Staat im nächsten Jahr brauchen?
Das wird im Herbst zu beurteilen sein. Bis Beginn 2024 sind die Weichen gestellt. Es wird weiter Preisbremsen geben und gleichzeitig sind die Nettogehälter höher, durch Lohnerhöhungen und mehrere Steuersenkungen. Auf die Kaufkraft kommt es ja an. Es ist wichtig, bei dramatischen Preisspitzen zu unterstützen: die Bevölkerung und die Wirtschaft, denn da hängen viele Arbeitsplätze und Einkommen dran.

Aber sind die höheren Energiepreise nicht auch ein Anreiz, Energie zu sparen?
Ja, völlig richtig. Deswegen haben wir mit der Stromkostenbremse folgendes getan: Ein Grundbedarf wird deutlich günstiger, darüber hinaus bezahlt man den Marktpreis. Wenn wir die soziale Lage von immer mehr Menschen berücksichtigen, dass müssen wir bei diesen massiven Energiepreisausschlägen gegensteuern und helfen. Also der Grundbedarf ist günstig und bei den Großverbrauchern darf es keinen Schlendrian geben. Deshalb müssen sich insbesondere die unterstützten Wirtschaftsbetriebe am Riemen reißen.

Wie stehen Sie zur Teilzeit-Debatte?
Das größte Potenzial wäre bei den Frauen, die gerne mehr arbeiten wollen würden. Da ist die Kinderbetreuung der Schlüssel. Da werden wir weiter auf die Tube drücken. Der Debattenbeginn führte aber in die Irre. Wenn es um Familien- und Sozialleistungen geht, dann haben wir die zur Abfederung der Krise erhöht, und für viele Menschen die Situation verbessert. Die Industrie hat mit dem Vorschlag recht, dass wir eher Anreize und keine Bestrafungen brauchen.

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Die Anspruchsphilosophie ist schon ein Problem geworden in Österreich.

Werner Kogler über die Förderkultur

IV-Präsident Knill hat im Gespräch mit der „Krone“ das Thema Anspruchsdenken angestoßen, sehen Sie hier auch ein Problem?
Es war richtig, in der Corona-Krise schnell und breitflächig zu unterstützen. Eine Diskussion darüber muss sinnvoll geführt werden. Der Befund ist, dass in 90 bis 95 Prozent der Fälle zutreffend gefördert wurde. In früheren Zeiten gab es einen dichteren Förderdschungel. Das hat sich geändert und zudem ist es viel transparenter geworden. Es hat eine massive Verbesserung der Förderkultur gegeben und deswegen können wir es im Nachhinein überhaupt erst offen diskutieren. Aber die Anspruchsphilosophie ist schon ein Problem geworden in Österreich. Das sage ich ganz offen

Sind Sie der Meinung, die Opposition arbeitet nicht mit?
Momentan habe ich das Gefühl, dass es oft nur mehr darum geht, alles lauthals schlecht zu reden. Das hilft nicht weiter. Ich erinnere mich gut, als wir in der Opposition waren, ging es etwa bei den Bankenskandalen um zweistellige Milliardenbeträge und wir haben gemeinsam daran gearbeitet, um für die Steuerzahler Milliarden erfolgreich zurückzuholen.

Warum wird das Erneuerbare-Wärme-Gesetz so lange im Parlament blockiert?
Vielen fällt der Abschied vom alten Denken schwer. Da kann ich ein gewisses Verständnis entwickeln, wenn man jahrzehntelang in eine Richtung gedacht hat: unter den Fossilen war Gas noch der verträglichere Energieträger

Ukraine boykottiert das OSZE-Treffen, ist das klug?
Die internationalen Organisationen mit Sitz in Wien entscheiden jeweils selbstständig. Aber insgesamt ist schon klar, dass alles mit völkerrechtswidrigem Angriff Russlands beginnt. Echten Frieden kann es nur geben, wenn Putin sich zurückzieht. Ursächlich für den mörderischen Krieg ist Russland, alles andere ist perverse Putin-Propaganda. Trotzdem muss man versuchen, jeden Tag die Gesprächskanäle zu Präsident Putin offenzuhalten.

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