Flagge gehisst

Rebellen haben Gadafi-Residenz eingenommen

Ausland
23.08.2011 22:45
Ist nun das Ende von Muammar al-Gadafi gekommen? Rebellenkämpfer sind am Dienstag in die Residenz des libyschen Machthabers vorgedrungen und haben in der Anlage Bab al-Azizyah ihre Flagge gehisst. Lokalen TV-Sendern zufolge ist die Residenz in Tripolis nun fast gänzlich unter Kontrolle der Aufständischen.

Die Kämpfe der Regierungstruppen hätten sich ergeben und seien abgeführt worden, heißt es auf einer Webseite der Aufständischen. Es wird vermutet, dass sich Gadafi möglicherweise in einem unterirdischen Bunkersystem des weitläufigen Geländes aufhält, das zuvor von der NATO bombardiert worden war.

"Es ist vorbei - Gadafi ist am Ende"
Einer der Rebellen rief am Eingang zur Anlage: "Es ist vorbei - Gaddafi ist am Ende". Ein weiterer trug einen geraubten Fernseher zum Eingang, stellte ihn auf den Boden und rief: "Das ist für das libysche Volk".

Gadafi-Statue zerstört
Die Rebellen haben bereits ein Waffenlager auf dem Areal Bab al-Azizyah geplündert. Unter den erbeuteten Waffen befinden sich neue Scharfschützengewehre in Plastikbehältern. In den Nachrichtensendungen wurden Bilder verbreitet, die Rebellenkämpfer im Golfwagen Gadafis zeigen. Außerdem wurde die goldene Statue des libyschen Revolutionsführers umgestoßen und zerstört.

Trotz der Einnahme von Gadafis Residenz zeigte sich Rebellenchef Mustafa Abdul Jalil am Dienstagabend zurückhaltend: "Es ist zu früh, um zu sagen, dass der Kampf um Tripolis vorbei ist. Das wird erst passieren, wenn Gadafi und seine Söhne gefangen sind." Auch der britische Außenminister William Hague äußerte sich skeptisch. "Wir sehen den Todeskampf dieses Regimes, aber es ist noch immer eine schwierige und gefährliche Zeit. Es ist noch nicht vorbei."

Airport von Rebellen kontrolliert
Vor Gadafis Residenz hatten die Aufständischen bereits den Flughafen von Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht. Nachrichtensendern zufolge tobten am Nachmittag schwere Kämpfe rund um den internationalen Airport. Außerdem wurden heftige Schießereien und schwere Explosionen in unmittelbarer Nähe des Hotels Rixos gemeldet, in dem ausländische Journalisten untergebracht sind.

Vorbereitungen für Machtübernahme
Der Nationale Übergangsrat der Gadafi-Gegner treibt unterdessen die Vorbereitungen für eine Machtübernahme weiter voran. "Es wird dann sogleich eine provisorische Regierung eingesetzt", sagte der auf der Seite der Rebellen stehende libysche Botschafter in Rom, Hafed Gaddur, der Zeitung "Il Messaggero". "Innerhalb eines Monats werden dann Wahlen für eine Nationalversammlung organisiert, aus der eine Verfassungskommission hervorgehen wird", erläuterte Gaddur. Über deren Arbeit solle per Referendum entschieden werden.

Ein Vertreter der Rebellen kündigte an, man werde die Auslieferung von Gadafi an das Internationale Strafgericht in Den Haag diskutieren. Der Übergangsrat würde es jedoch vorziehen, Gadafi in Libyen als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen, sagte der UNO-Diplomat Ibrahim Dabbashi, der die Rebellen in New York vertritt.

Ashton: 80 Prozent von Tripolis in Hand der Rebellen
Am Dienstagnachmittag teilte die EU-Außenpolitikbeauftragte Catherine Ashton mit, dass die Aufständischen derzeit 80 Prozent von Tripolis kontrollieren, und berief sich dabei auf Informationen des Nationalen Übergangsrates.

Rebellen stürmen Gadafis Heimatstadt
Auch in anderen Teilen des Landes dürften sich die Rebellen in Kämpfen gegen Gadafi-Truppen durchgesetzt haben. Eigenen Angaben zufolge nahmen Rebellen am Dienstag den Ölhafen der östlich gelegenen Stadt Ras Lanuf ein und wollen nun auf Gadafis Heimatstadt Sirte vorrücken. Dorthin sollen sich Gadafi-Truppen aus verschiedenen Städten zurückgezogen haben.

In den kommenden Tagen planen die Rebellen eine diplomatische Offensive. Am Mittwoch wird Rebellenchef Jalil zu einem Besuch in Paris beim französischen Präsident Nicholas Sarkozy erwartet, am Donnerstag soll er zu Italiens Premier Silvio Berlusconi weiterreisen. Sarkozy kündigte am Dienstag eine internationalen Konferenz zu Libyen an, die in Paris stattfinden soll. Die USA und die Schweiz kündigten an, eingefrorene Vermögenswerte des libyschen Regimes freizugeben. Die USA wollen bis zu einer Milliarde Euro, die Schweiz "mehrere Millionen" Euro dem Nationalen Übergangsrat der Rebellen zur Verfügung stellen.

Saif verbreitet Durchhalteparolen
In der Nacht zuvor hatten die Rebellen einen empfindlichen Rückschlag erlitten, als Gadafis gefangen geglaubter Sohn Saif al-Islam überraschend vor dem Hauptstadt-Hotel Rixos vorfuhr, in dem Auslandskorrespondenten Quartier bezogen haben. Umjubelt von Anhängern verbreitete er lächelnd Durchhalteparolen, schüttelte Hände und machte mit seinen Fingern das Victory-Zeichen. Die Aufständischen hatten zuvor die Festnahme des als Nachfolger seines Vaters aufgebauten Saif als wichtigen Erfolg vermeldet. Sein Auftritt ließ Zweifel an der Verlässlichkeit der Angaben der Rebellen aufkommen.

Saif sagte, die Regierung kontrolliere Tripolis nach wie vor. Seine Anhänger forderte er auf, zu den Waffen zu greifen. Selbstbewusst erklärte er, es interessiere ihn nicht, dass der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen ihn und seinen Vater wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen habe. Die Rebellen, die er als Ratten beschimpfte, würden besiegt werden. Auf die Frage, ob sein Vater wohlauf sei, antwortete er: "Natürlich."

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