„Krone“-Kommentar

So sind wir nicht, aber wie sind wir dann?

Kommentiert für krone.at: Katia Wagner

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Anlässlich des Ibiza-Debakels attestierte uns der Bundespräsident: so sind wir nicht! Zum Nationalfeiertag darf auch die Frage erlaubt sein: aber wie sind wir dann? Die Antwort: der Österreicher ist vor allem eines - verdrossen.  

Und das ist auch kein Wunder. Denn wer sich nach den Enthüllungen des Ex-ÖBAG-Chefs Thomas Schmid und dem anschließenden Rosenkrieg mit Sebastian Kurz sein Urvertrauen in die Politik behalten konnte, ist entweder naiv oder liebt die masochistische Polit-Unterhaltung. Oder beides.

Wie soll man einem Politiker noch irgendwas glauben?
Mit normalem Verstand greifbar ist das alles nämlich schon lange nicht mehr. Selbst wenn sich die Ausführungen Schmids nur zu einem Bruchteil so zugetragen haben sollen - sie legen ein Sittenbild nahe, das an Grauslichkeit nicht zu überbieten ist. Steuerliche Hilfe auf Zuruf, Schiebereien im Austausch mit Gefälligkeiten und Postenschacher im großen Stil. Wie soll man da die gerne plakatierten Beteuerungen, dass es um uns Österreicher geht, noch irgendwie ernst nehmen?

Der Österreicher ist nicht blöd
Auch die fehlenden, klaren Worte des Kanzlers machen betroffen. Die Wisch-und-Weg-Taktik funktioniert sicherlich nicht als langfristige Strategie. Zu hoffen, dass die Österreicher das alles möglichst schnell wieder vergessen werden, ist ziemlich euphemistisch und auch etwas arrogant. Denn: ja, der Österreicher hat zwar nicht das längste politische Gedächtnis, aber er ist nicht blöd!

Kein Klimabonus macht das wieder gut
Kein Wunder, dass das Vertrauen in die Politik im Keller ist. Das Versprechen eines Politikers von Transparenz und Aufklärung geht heute in jedem Kabarett als solider Schenkelklopfer durch. Der Österreicher ist verdrossen, enttäuscht und genervt von der Politik. Das wird kein Klimabonus und kein Strompreisdeckel so schnell wiedergutmachen …

Genau so sind wir - und sogar schlimmer
Als der Bundespräsident nach einer feuchtfröhlichen Nacht in Ibiza postulierte: „So sind wir nicht!“, wusste er noch nicht, dass es drei Jahre später noch viel schlimmer kommen wird und die egomanischen Ideen eines HC Strache dann von jemandem anderen umgesetzt werden könnten. Doch, Herr Van der Bellen, genau so sind wir! Und offenbar sogar noch schlimmer.