Kolumne

Schachmatt

Vorarlberg
22.10.2022 18:25

Die ganze Schachwelt ist in heller Aufruhr, Schachgroßmeister Hans Niemann steht im Verdacht, bei seinem Sieg gegen Weltmeister Magnus Carlsen geschummelt zu haben. Auch „Krone“-Kolumnist Robert Schneider hat sich Gedanken zum vermeindlichen Skandal gemacht.

Ein Genie taucht auf, ein zotteliger Teenager mit Namen Hans Niemann, geboren in San Francisco. Er spielt vollendet Schach. Um seine Miete in New York bezahlen zu können, jobt er 20 bis 30 Stunden pro Woche als Schachtrainer. Bedingt durch die Pandemie konzentriert sich der junge Mann via Twitch auf Online-Blitzschach. Im Oktober 2020 gelingt ihm seine dritte Großmeisternorm. Die Schachwelt ist in heller Aufregung.

Da kann der amtierende Weltmeister Magnus Carlsen aus Norwegen nur müde lächeln. Er - selbst ein Wunderkind - ist seit 2013 Weltmeister und war schon im Alter von 13 Jahren Großmeister. Außerdem erreichte er im Januar 2010 als bislang jüngster Spieler die Spitzenposition der FIDE-Weltrangliste und hat sie durchgehend bis heute inne.

Dann schauen wir doch mal, was dieser Niemann zu bieten hat, wird sich der erfolgsverwöhnte Carlsen gedacht haben, als er am 4. September beim Sinquefield Cup gegen den Zottelbär antrat. In der dritten Runde triumphierte Niemann mit einem Schwarzsieg über Carlsen. Ein Schock. Besonders für Carlsen. Der zog sich aus dem Turnier zurück, postete auf Twitter ein kurioses Zitat des Fußballtrainers Mourinho, der einmal sagte: „Ich ziehe es vor, nichts zu sagen. Wenn ich etwas sage, komme ich in große Schwierigkeiten.“ Sofort wurde das in der Schachszene als Betrugsvorwurf gedeutet. Die Hütte brannte.

Zitat Icon

Ich ziehe es vor, nichts zu sagen. Wenn ich etwas sage, komme ich in große Schwierigkeiten.

Magnus Carlsen

Und die Niederlage wurmte. „Das gibt’s doch nicht!“, dachte Carlsen und trat am 19. September erneut gegen Niemann an. Es war abermals eine Online-Partie im Rahmen des „Julius-Bär-Generation-Cup“. Carlsen gab nach nur einem Zug auf, verließ kommentarlos den Videochat. Seitdem steht die Schachszene Kopf. Wieder wurde Carlsens Ausstieg als Betrugsvorwurf gedeutet, und die Verdächtigungen gegen den Amerikaner erreichten ein Maß, sodass dieser eine Klage wegen Verleumdung einbringen musste.

Binnen zweier Wochen war die Karriere Niemanns aufgrund bloßer Vermutungen vollkommen zerstört. Er gilt jetzt als Betrüger, auch wenn man nichts Genaues weiß und nichts bewiesen ist, aber ein Betrüger ist er in jedem Fall. Das steht schon mal fest. Oder doch nicht?

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