Nun im Ruhestand

Wipptaler Polizeichef sagt nach 42 Jahren „Servus“

Tirol
01.07.2022 12:58

Nach 42 Jahren als Gendarm, Polizist bzw. Postenkommandant in Steinach am Brenner ist Burkhard Kreutz seit 1. Juli Pensionist. Einige Erlebnisse bzw. Bilder haben sich tief bei ihm eingeprägt und wecken selbst Jahre später Emotionen. 

Es war der 4. Mai 1980, als der gebürtige Innsbrucker am damaligen Gendarmerieposten Steinach am Brenner seinen Dienst als „kleiner“ Gendarm antrat. Die Gendarmerie bzw. Polizei in Steinach und der Ort selbst sollten zu seiner neuen Heimat werden. Mit Ausnahme eines dreijährigen UNO-Einsatzes im Kosovo bzw. Bosnien versah Kreutz durchgehend in Steinach Dienst.

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Ich habe rasch gemerkt, dass ich nicht mehr woanders hinwollte.

Burkhard Kreutz

„Ich habe rasch gemerkt, dass ich nicht mehr woanders hinwollte“, erzählt der heute knapp 63-Jährige in seinem Büro auf der Polizeiinspektion Steinach. Das ist Donnerstagvormittag beim Gespräch mit der „Tiroler Krone“ fast schon leer. Bis zum Abend musste er alle seine Utensilien weggeräumt haben, denn ab Mitternacht stand er nämlich außer Dienst.

Seit 2006 Postenkommandant
Aus seiner Zentrale kommandierte Kreutz ab Mai 2006 als Postenkommandant zunächst eine Handvoll Mitarbeiter. 2014, als die Posten in Gries und Matrei aufgelöst und deren Aufgaben Steinach zugeteilt wurden, stand er rund 40 Polizisten vor. Die Mitarbeiterzahl stieg bis zuletzt auf mehr als 60. „Ein so großes Team, bei dem es sehr viele Interessen unter einen Hut zu bringen gilt, stellt eine große Herausforderung dar“, weiß er.

Der Brenner mit seinen Begleiterscheinungen steht für die Steinacher Polizisten stark im Fokus. So haben sich auch die Brennerdemos 2016 gegen die Errichtung eines Grenzzauns ganz ins Gedächtnis von Burkhard Kreutz eingeprägt. Die Einsatzzentrale befand sich am Posten in Steinach.

Gendarmeriehosen für afrikanische Flüchtlinge
Stichwort Brenner: Bei einer Streifenfahrt an einem eiskalten Wintertag mit starkem Schneefall entdeckte der Steinacher in einer Telefonzelle (!) im Grenzort vier ausgehungerte afrikanische Flüchtlinge. Die versuchten – völlig unzureichend bekleidet – sich gegenseitig zu wärmen. „Wir gaben ihnen zu essen und Kleidung“, erzählt er. In alten Gendarmeriehosen zogen die Männer schließlich dankbar weiter.

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Das Schlimmste war stets das Überbringen von Todesnachrichten.

Burkhard Kreutz

In 42 Jahren Exekutivdienst gab es aber nicht nur positive Erlebnisse. „Das Schlimmste war stets das Überbringen von Todesnachrichten“, sagt Kreutz. „Man empfindet riesige Hilflosigkeit.“ Einmal musste er einem Bekannten die Nachricht überbringen, dass seine zwei Söhne tödlich verunglückt waren. Die Männer gehörten – wie Kreutz – der Feuerwehr an. „Aber doch nicht beide Buben“, habe der verzweifelte, hilflose Vater gestammelt. „Das war das Schlimmste, das ich jemals erlebte“, sagt der gestandene Polizist, dem es beim Erzählen die Tränen in die Augen drückt.

Kriegsverbrecher und Terroristen verhaftet
Ein einziges Mal, nach dem Jugoslawienkrieg, wurde Kreutz für drei Jahre dem Posten Steinach „untreu“. Als UNO-Polizist kommandierte er in Bosnien bzw. im Kosovo eine fast 500 Polizisten umfassende Special-Operations-Einheit. „Wir haben einige Kriegsverbrecher in der Nacht aus dem Bett geholt“, sagt er stolz.

Außerdem gelang ihm 2001 in Pristina ein besonderer Coup. Nach einem Bombenanschlag mit Todesopfer übernahm er die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter, der sich als Security getarnt hatte. „Heute schaut’s nicht gut aus“, teilte er dem deutschen Söldner bei dessen Verhaftung mit.

Zurück am Brenner setzte Kreutz seinen persönlichen Weg fort. „Bei Amtshandlungen habe ich stets versucht, einen Mittelweg zu gehen. Wer eine rote Linie überschritten hat, musste mit den Konsequenzen leben. Darunter konnte ich auch ein Auge zudrücken.“

Jugendlichen gerettet
Kreutz hinterlässt ein erstklassiges Team. Das hat seine Qualitäten erst kürzlich wieder unter Beweis gestellt. „Dank akribischer Arbeit gelang es, fast im letzten Moment einen 13-Jährigen zu finden, der Suizid begehen wollte. Das wird wohl stets mein erster Gedanke sein, wenn ich an meine Arbeit zurückdenke“, sagt der Steinacher.

Kreutz wurde in 42 Jahren nie ernsthaft bedroht und musste selbst auch nie von der Schusswaffe Gebrauch machen. „Ich stand sogar stets mit der Handynummer im Telefonbuch.“

Der verheiratete Vater zweier Töchter, den viele als „Bucki“ kennen, blickt jedenfalls mit Dankbarkeit auf sein Berufsleben zurück. Als Pensionist wird er sich - seit heuer Steinacher Vizebürgermeister - vermehrt lokalpolitischen Aufgaben widmen. Und der Kauf eines E-Bikes für größere Touren steht an. Ab und zu will er aber auch nur noch die Füße hochlegen.

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