Wilson und McAdams

So verführerisch ist die Stadt bei Nacht: “Midnight in Paris”

Kino
17.08.2011 17:14
In seinem neuesten Regiestreich "Midnight in Paris" gefällt sich der Großmeister der Romantikkomödie, Woody Allen, als Traumtänzer zwischen den Epochen. Seine Pariser Spaziergänge führen in pulsierende Scheinwelten, bevölkert von exzentrischen Künstlern und deren Musen.

Paris will zu Fuß entdeckt werden. Wer in die mythische Stadtlandschaft eintaucht, wird sehr bald Zeuge der eigenen Verwandlung zum flanierenden Entdecker, der sich treiben lässt. Flüchtigkeit und Ewigkeit, Ferne und Nähe verschieben sich im Vorbeigehen. Straßennamen und Plätze beschäftigen den Spaziergänger, den das wache Nichtstun leitet.

Paris wird gleichsam zu einem Losungswort, einer geheimen Chiffre für romantisches Sehnen. Und so folgt der geneigte Flaneur faktisch nur dem poetischen Auftrag der Seine-Metropole: Er lässt sich verführen. Dass ihm selbst Schatten folgen, die er unbewusst rief, ist Teil der Pariser Magie, von der sich auch Woody Allen inspirieren ließ.

Owen Wilson als Amerikaner in Europa
Seit geraumer Zeit findet er in Europa seine bevorzugten Kulissen. Nach Dreharbeiten in London ("Match Point") und Barcelona ("Vicky Cristina Barcelona") - und kleinen venezianischen Fluchten ("Everybody Says I Love You"), nun also "Midnight in Paris" - eine Romantikkomödie, die mit einer exquisiten Besetzungsliste aufwartet. So finden sich neben Hauptakteur Owen Wilson, der den lustwandelnden "Amerikaner in Paris" gibt und das perfekte Alter Ego Woody Allens darstellt, die Oscar-Preisträger Marion Cotillard und Adrien Brody sowie Rachel McAdams und Michael Sheen. Carla Bruni, die schöne Präsidentengattin, gibt als Fremdenführerin ihr Mini-Spielfilmdebüt und beweist angesichts der Rodin-Skulptur "Der Denker" kunstgeschichtliche Eloquenz!

Paris - ein gigantisches Laboratorium der Phantasie, so die Prämisse des frankophil gepolten Regisseurs. Wissend, dass der Flaneur, also der umherschlendernde Müßiggänger, stets ein Fatalist des Zufalls ist, schickt er seinen Protagonisten durch die nächtliche Metropole, in der die Sterne nur zu dem Zweck aufzugehen scheinen, um Gil - Owen Wilson -, den an einer Schreibblockade laborierenden Autor, auf inspirierende Irrwege zu leiten und ihn Schlag Mitternacht zum Zeitreisenden machen! Er, der mit seiner Verlobten und deren Eltern in die Stadt der Liebe gekommen war, sieht sich von einem besserwisserischen Galan seiner Fast-Zukünftigen schachmatt gesetzt. Auf seinen einsamen Streifzügen zu später Stunde wird er exzentrischen Gestalten begegnen

Woody Allen gefällt sich in der regieführenden Rolle des Surrealisten und katapultiert Gil in die 20er-Jahre, wo dieser die Bekanntschaft von Zelda und F. Scott Fitzgerald oder Cole Porter macht, gemeinsam mit Ernest Hemingway über die Kraft des Schreibens philosophiert und auf Picasso, Dalí, Gertrude Stein und Man Ray trifft. Und auf die geheimnisvolle Künstlermuse Adriana - Cotillard -, die ihm den Kopf verdreht.

Woody Allen und sein Psychiater
Woody Allen, der auch in "Midnight in Paris" verführerische Frauen in den Fokus seiner Liebeserklärung an die französische Lebensart - und Metropole rückt, erklärt seinen Hang zur ins Auge springenden Attraktivität wie folgt: "Ich habe zigmal versucht, mich für weibliche Schönheit unempfänglich zu machen - ohne Erfolg. Wenn dazu noch das Feuer sprühender Intelligenz kommt, bin ich rettungslos verloren. Mein Psychiater meint ja, ich sei ein schwacher Charakter, und er hat wohl völlig recht damit. Irgendwann sagte ich zu meiner Verteidigung zu ihm, dass wir angesichts des Dramas, das eine schöne Frau für uns darstellt, doch alle gleich seien - und ausnahmsweise war er meiner Meinung!"

Apropos! Was sagt eigentlich Monsieur Sarkozy, der Präsident der Grande Nation, zu dem Ausflug seiner Gattin ins Schauspielfach? Charmant-kokett Carla Brunis Statement: "Mein Ehemann unterstützt mich in allen Belangen. Was den Präsidenten betrifft, bin ich mir da nicht so sicher."

"Nostalgie ist Verdrängung", lässt uns Woody Allen in einem seiner Film-Dialoge wissen. Wenn diese auf so bezaubernde Weise auf der Leinwand Gestalt annimmt, wird man nur zu gern zum Zeitreisenden. Merci, Woody.

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