Nach ÖVP-Rochade

Plötzlich ist SPÖ-Chef Lang der neue Landesvater

Steiermark
05.06.2022 06:00

Der rote Vize-Landeshauptmann gilt als volksnäher als der designierte ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler. Der abdankende Hermann Schützenhöfer bekommt in der Parteizentrale ein Büro und von seiner Partei die Ehrenobmannschaft.

Selbst seine schärfsten Kritiker bescheinigen Hermann Schützenhöfer, dass er ein Politfuchs ist wie kaum ein anderer. Als Zweitplatzierter, wie im Jahr 2015, den Landeshauptmann-Sessel zu erobern, wird ihm so schnell keiner mehr nachmachen. Dann ein Koalitionsbruch (mit SPÖ-Jungspund Michael Schickhofer konnte und wollte er nie), um sich mit Kurz-türkisem Rückenwind aus Wien eindrucksvoll im Amt bestätigen zu lassen: eine taktische Meisterleistung. Als Krönung noch der Glanz-und-Gloria-Abschied auf dem persönlichen politischen Zenit, das ist Machtpolitik wie aus dem Lehrbuch.

„Die Post muss beantwortet werden“
Und so ist für Hermann Schützenhöfer ein Ehrenplatz in der schwarzen Ruhmeshalle reserviert. ÖVP-Geschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg bestätigt der „Steirerkrone“, dass in der Parteizentrale auf dem Karmeliterplatz in Graz ein Büro für den scheidenden Landeschef eingerichtet wird: „Auch wenn er nicht mehr im Amt ist, wird er noch viele Anfragen und Einladungen erhalten. Diese Post muss beantwortet werden.“ Ein Zeichen tiefer Dankbarkeit, das bei Weitem nicht jedem Parteiobmann zuteilwurde.

Nicht minder prestigeträchtig ist die (freilich einstimmig erfolgte) Wahl des 70-Jährigen zum Ehrenobmann der weiß-grünen Volkspartei. Der letzte Ehrenobmann war Josef Krainer II., der 2016 verstarb. Dass man Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic übergangen hatte, ist ihrer Wahlniederlage gegen Franz Voves (SPÖ) geschuldet.

Königsbesuch wenige Tage vor dem Abschied
Sonnenkönig Hermann I., wie ihn seine Parteifreunde augenzwinkernd nennen, wird sich übrigens standesgemäß aus dem Amt verabschieden: Er bittet am 29. Juni, nur wenige Tage vor der Wahl des neuen Landeshauptmannes Christopher Drexler, das niederländische Königspaar Máxima und Willem-Alexander zum royalen Mittagessen. Oder wie es zwischen Burg und Landhaus im Flüsterton heißt: Der Steirer-Monarch will seinen holländischen Amtskollegen persönlich „Auf Wiedersehen“ („Tot ziens“) sagen.

Lackner genießt weiter Rückhalt
Eine gemischte Gefühlslage löste der Machtwechsel beim Koalitionspartner SPÖ aus. Auf der einen Seite kochen einige Rote, weil sie vom Schützenhöfer-Abgang überrascht wurden - und „jetzt erst recht“ von Parteichef und LH-Vize Anton Lang eine Rochade innerhalb der SPÖ-Regierungsriege verlangen. Die Umbaugelüste zielen vor allem auf Umweltlandesrätin Ursula Lackner ab, sie genießt allerdings noch den Rückhalt ihrer Genossen aus Graz-Umgebung.

Auf der anderen Seite atmen einige Sozialdemokraten, darunter Lang selbst, auf: Endlich kann er sich als Landesvater positionieren! Tatsächlich erfüllt der bodenständige Lang diese Rolle besser als Drexler. Schützenhöfers Erklärung, dass sein Nachfolger seine Beliebtheitswerte verbessern müsse, war möglicherweise ein Bärendienst.

Oliver Pokorny
Oliver Pokorny
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