„Dachte, sie schläft“

Wende in Prozess um Drogentote (22): War es Mord?

Gericht
31.07.2025 12:10

Tragisch ist ein Prozess, der am Donnerstag im Wiener Landl verhandelt wird: Ein Mann (29) muss sich verantworten, weil er einer 22-jährigen Frau Morphin injiziert haben soll – mit tödlichem Ausgang. Mitangeklagt ist ein damals 18-Jähriger, der keine Hilfe holte, als die Frau das Bewusstsein verlor. Der Schöffensenat entscheidet: Es könnte sich um einen Mord handeln!

Betretenes Schweigen in den Vormittagsstunden im Saal 303 des Wiener Landesgerichts. „Mein Mandant gesteht seinen Fehler ein. Er wollte die Rettung rufen, hat Panik bekommen“, erklärt der Verteidiger des damals 18 Jahre alten Erstangeklagten, dem Unterlassung der Hilfeleistung vorgeworfen wird. Aussagen will er heute nicht, er bekennt sich umfassend schuldig.

In leer stehender Wohnung Drogen konsumiert
Doch was war in der besagten Nacht im Oktober 2024 genau passiert? Die beiden Männer und die Verstorbene hatten sich in einer leer stehenden Wohnung getroffen, um dort Drogen zu konsumieren. Die 22-Jährige hatte bereits zuvor Medikamente eingenommen, als der ältere Angeklagte ihr schließlich in der Wohnung Morphin in die Armbeuge spritzte. Kurz danach kam es bei der Frau zu einer Atemlähmung.

Anwalt Sascha Flatz vertritt die Opferfamilie.
Anwalt Sascha Flatz vertritt die Opferfamilie.(Bild: Gerhard Bartel)

„Ich habe geholfen, die Nadel zu setzen, abgedrückt hat sie jedoch selber“, beteuert der 29-Jährige, der sich vor Gericht teilweise schuldig bekennt. Ihm wird unterdessen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vorgeworfen. „Ich bereue das so sehr. Ich wusste nicht, dass es so weit kommt.“

Versuchte, ein Gegenmittel zu besorgen
Obwohl beiden Männern der kritische Zustand der Frau laut Staatsanwältin erkennbar gewesen sein soll, wurde dennoch kein Notruf abgesetzt. Stattdessen verließ der jüngere Angeklagte die Wohnung, um vergebens ein Gegenmittel zu besorgen – kam aber nicht zurück, weil die Wohnungstür plötzlich verschlossen war. Erst am nächsten Abend verständigte er die Mutter des Opfers. Da war es bereits zu spät.

Tod hätte verhindert werden können
Laut Obduktion starb die Frau an einer Morphinvergiftung. Medizinische Maßnahmen hätten ihren Tod laut Sachverständigen wahrscheinlich verhindern können. Eine ehrliche Antwort auf die Frage, warum keiner der Männer die Rettung alarmiert hatte, bleiben sie bis zum Ende des Prozesses schuldig. Mehrmals verstrickt sich der ältere Zweitangeklagte in Widersprüche: „Ich dachte zuerst, sie schläft.“ Zudem gestand er in seiner Aussage vor der Richterin ein, dass er Angst gehabt habe, die Ermittler könnten ihm seine Medikamente wegnehmen.

Zitat Icon

Meine Mandanten sind der gleichen Ansicht wie das Gericht, dass hier ein Mord vorliegen könnte. Er hat sie einfach sterben lassen.

Sascha Flatz, Anwalt der Opferfamilie

Anwalt Sascha Flatz, er vertritt die Familie der 22-Jährigen, fordert 42.000 Euro für die Mutter und 5000 Euro für die Schwester. In diesem Prozess gibt es jedoch keinen Zuspruch. Der Schöffensenat spricht nämlich bezüglich des Hauptangeklagten ein nicht rechtskräftiges Unzuständigkeitsurteil. Der Österreicher muss noch einmal vor Gericht – diesmal vor Geschworenen. Der Senat ortet nämlich einen Mordvorsatz ...

Beim Jüngeren bleibt es bei der unterlassenen Hilfeleistung. Da die Verfahren laut vorsitzender Richterin aber nicht getrennt werden können, wird aber auch sein Prozess nicht abgeschlossen. Er muss neben dem 29-Jährigen noch einmal vor Geschworenen Platz nehmen – der Strafbestand bleibt derselbe. Weil beide Verteidiger volle Berufung anmelden, ist nun der Oberste Gerichtshof am Zug.

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