Alles Message Control?

„Haben erschreckend wenig gute Politikdarsteller“

Politik
26.05.2022 14:56

Politik und Medien, Medien und Politik: Wie frei ist die Presse? Und ist Message Control zwingend schlecht? Nein, sagt Medien- und Kommunikationsexperte Peter Plaikner, es ist ein Zeichen von Professionalität.

„Krone“: Herr Plaikner, es wirkt, als würde das Thema Message Control immer größer werden. Ist das nur ein Gefühl oder tatsächlich so?
Peter Plaikner: Auf beiden Seiten des Flusses, im Journalismus und in der Politik, hat es einen ganz enormen Professionalisierungsschub gegeben. Warum Message Control oft so negativ behaftet ist, ist mir unverständlich. In Wirtschaftsunternehmen ist es seit Jahrzehnten gar nicht mehr anders vorstellbar, als dass man versucht, sehr kontrolliert nach außen zu kommunizieren, und das ist auch absolut in Ordnung. Vielleicht sind wir auch deshalb mitunter so amüsiert darüber, weil es manchmal plump herüberkommt, wenn in einer unangenehmen Situation immer die gleichen fünf Stehsätze herangezogen werden. Die Kunst dabei ist ja, dennoch authentisch zu wirken. Wenn das nicht gelingt, ist die Message Control out of control.

Message Control ist also per se nichts Negatives?
Es ist professionell. Die Aufgabe des Journalismus besteht darin, das Agenda Setting (Anm.: das Setzen der Themenschwerpunkte) der Politik nicht zu übernehmen, sondern selbst gewählte Inhalte auf die Tagesordnung zu setzen und selbstbewusst zu sagen: „Heute ist Tierwohl unser Thema.“

Funktioniert das Ihrer Einschätzung nach gut in der österreichischen Medienlandschaft?
Aus meiner Sicht ist es besser geworden, hat aber noch Luft nach oben. Das kommt daher, dass wir durch eine stark konzentrierte Medienlandschaft einen hohen Konkurrenzdruck im Journalismus haben.

Wie professionell betreiben österreichische Politiker Message Control?
Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Aus meiner Sicht haben wir erschreckend wenig gute Politik-Darsteller. Mediale Darstellungskompetenz ist heute das Um und Auf. Spitzenpolitiker sind aber vor allem die Vermittler dessen, was im Detail immer ihre Beamtenschaft ausführen muss. Es ist erschreckend, auf welchem Niveau das teilweise ausgeübt wird. Deswegen fallen Leute, die wirklich rhetorisch gut sind, auf.

Wie ist das Abrutschen im Ranking der Pressefreiheit zu bewerten?
Man kann es als Frühwarnsignal sehen, ohne es überzubewerten. So schlecht liegen wir nicht. Eine Mahnung ist es dennoch - wir lagen immerhin auch schon auf Platz fünf. Es geht um strukturelle Probleme: Welchen Stellenwert nehmen die Medien in einer Demokratie ein? Da heißt es: Wehret den Anfängen. Ein großer Minuspunkt sind Versuche von Regierungen, direkten Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nehmen. Dem gegenüber steht die Unabhängigkeit der Redaktionen gegenüber Eigentümern und Anzeigenabteilung als ein starkes Merkmal von Pressefreiheit.

In letzter Zeit kam einiges ans Licht, Stichwort Sideletters - ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen?
Dass diese Dinge jetzt öffentlich sind, ist das Verdienst eines gut arbeitenden Journalismus, und ich glaube, es ist eine Entwicklung zum Besseren. Dass die ganze Konstruktion der ORF-Aufsicht, der ORF-Organe dringend renovierungsbedürftig ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Denn die ist so ausgelegt, dass der Parteieneinfluss geradezu zementiert ist. Da können wir von Glück reden, dass das nicht noch stärker ausgenutzt wird. Hier gibt es dringenden Bedarf, etwas zu ändern.

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