Historischer Tag

Ortstafel-Beschluss fast einstimmig abgesegnet

Kärnten
06.07.2011 13:32
Die Kärntner Ortstafelregelung hat am Mittwoch den Nationalrat passiert. Das neue Volksgruppengesetz, das zweisprachige topographische Aufschriften für 164 Südkärntner Orte in Verfassungsrang hebt und auch Amtssprache und Volksgruppenförderungen regelt, erhielt die Zustimmung aller Fraktion. Nur die drei Grün-Abgeordneten Christiane Brunner, Karl Öllinger und Daniela Musiol stimmten aus symbolischem Protest dagegen.

Nach der Abstimmung gab es langanhaltenden Applaus, und zwar nicht nur im Plenum, sondern auch von den Vertretern Kärntens auf der Zuschauertribüne.

Landkarten nicht zweisprachig
Mit der Novelle werden alle Kärntner und burgenländischen Gemeinden namentlich angeführt, in denen es zweisprachige Ortstafeln geben muss. Für Kärnten bezieht sich die Auswahl auf Urteile des Verfassungsgerichtshofs sowie auf einen Anteil der gemischtsprachigen Bevölkerung von mindestens 17,5 Prozent. Die zuständigen Organe werden verpflichtet, die Ortstafeln in den genannten Ortschaften "ohne unnötigen Aufschub" anzubringen. In Bezug auf das Burgenland wurde auf die geltende Topographieverordnung zurückgegriffen.

Ausdrücklich festgehalten wird, dass die Verpflichtung zu zweisprachigen topographischen Bezeichnungen in den im Gesetz festgelegten Gebieten Kärntens und des Burgenlands ausschließlich Ortstafeln und offizielle Wegweiser, nicht aber Landkarten, Wanderweg-Beschilderungen oder Bus-Haltestellen betrifft.

"Guter Kompromiss"
Die nunmehrige Lösung, die 164 Kärntner Orten zweisprachige Ortstafeln bringt, sei ein "guter Kompromiss" so Faymann. Er dankte den Kärntner Landespolitikern, den Volksgruppenvertretern sowie Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), die diesen möglich gemacht hätten. "Ich bedanke mich als österreichischer Bundeskanzler, der sehr stolz ist, dass einmal mehr das Gemeinsame vor das Trennende gestellt wurde", so Faymann.

Die Staatssekretär hat am Mittwoch im Nationalrat von einer "wunderbaren Lösung" gesprochen. Das jetzt ausgehandelte Paket sei im Vergleich mit früheren Versuchen jenes mit den meisten zweisprachigen Ortstafeln, und es biete auch bei der Amtssprache eine Lösung, die großzügiger sei als alles bisherige. Dass es letztlich 164 Orte mit zweisprachigen Schildern geben wird, ist sogar mehr, als sich Ostermayer erwartet hat.

Zahl der Ortschaften statt Prozentklausel
Dass die Zahl der Ortschaften und nicht eine Prozentklausel ins Gesetz geschrieben wurde, verteidigte der Staatssekretär ausdrücklich. Denn es werde hier nicht nur die "Befriedung eines Uraltstreits" geschafft sondern auch Sicherheit für die slowenische Minderheit geschaffen. Denn selbst wenn die Volksgruppe in einem Ort kleiner werden sollte, blieben die Ortstafeln bestehen.

"Wo man mit Blut die Grenze schrieb, diese Worte aus dem Kärntner Heimatlied waren mir schon als Kärntner Schulkind unheimlich", sagte Ursula Plassnik (ÖVP), ehemalige Außenministerin, die sich mit ihrer Wortmeldung aus dem Nationalrat Richtung österreichische Botschaft in Paris verabschiedete. "Ich wünsche meiner Heimat, dass sie mit dem heutigen Beschluss aus dem negativen Imageschatten heraustritt."

Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) wertete die Annäherung Österreichs und Sloweniens als Beweis für den tieferen Sinn der europäischen Einigung. Doch auch Kritik brachte er an. Eine "moderate Öffnungsklausel" wäre schön gewesen, meinte er. In dem unter ihm als Bundeskanzler ausgearbeiteten Vorschlag wäre eine solche enthalten gewesen.

FPÖ-Klubchef Heinz-Christian Strache sah einen historischen Tag und sprach eine "Liebeserklärung an dieses wunderschöne Land" und die "tollen Menschen" in Kärnten aus. Die Lösung habe gezeigt, "wie vernünftig es ist, die freiheitliche Partei nicht auszugrenzen". Er orte "glühende und bekennende Österreicher" in allen Volksgruppen und kritisierte den Widerstand des Rates der Kärntner Slowenen unter Valentin Inzko.

"Leidvolle Geschichte zu ertragen"
BZÖ-Chef Josef Bucher versuchte seine Landsleute vor Nationalismus-Vorwürfen in Schutz zu nehmen. "Kaum ein anderes Bundesland Österreichs hat eine so leidvolle Geschichte zu ertragen gehabt, wie unser Land Kärnten. Kaum ein anderes so viel Patriotismus und Treue zu Österreich bewiesen, wie Kärnten." Auch Bucher stieß sich am "unwürdigen Verhalten" Inzkos.

Grüne gegen "Kleingeistigkeit"
Die Grüne Klubchefin Eva Glawischnig betonte, sie habe Respekt vor dieser Lösung. Die Grünen würden zustimmen, allerdings mit symbolischen Gegenstimmen, um auf die "Kleingeistigkeit" des vorliegenden Gesetzes hinzuweisen. Es sei längst überfällig gewesen, und man könne auch nicht von einer Sternstunde sprechen. "Der Diskurs war bis zum letzten Tag von Gehässigkeit geprägt. Das war nicht nur ein Symptom, sondern auch auch eine Ursache des Konflikts."

Kärntner Politspitze im Hohen Haus
Den heutigen Beschluss im Parlament wollte sich auch die Kärntner Politprominenz nicht entgehen lassen. Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) fand sich ebenso im Hohen Haus ein wie SPÖ-Chef Peter Kaiser und ÖVP-Chef Josef Martinz. Von den Volksgruppen-Vertretern kamen Marjan Sturm vom Zentralverband und Bernard Sadovnik von der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen sowie der slowenische Botschafter Aleksander Gerzina.

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