Online-Versteigerung

Unabomber-Besitz von US-Behörden zu Geld gemacht

Ausland
05.06.2011 22:47
Theodore Kaczynski (Bild) ist als Unabomber in die Geschichte eingegangen. Er hatte die Bürger der USA 17 Jahre lang mit Paketbomben terrorisiert und dabei drei Menschen getötet und 23 verletzt. Vom Gericht war er dazu verurteilt worden, seinen Opfern und deren Angehörigen 15 Millionen Dollar Schadenersatz zu zahlen. Da der heute 69-Jährige diese Summe niemals aufbringen hätte können, beschlossen die Behörden, seinen materiellen Besitz zu Geld zu machen: Die nun zu Ende gegangene Auktion brachte immerhin einen Erlös von 232.246 Dollar.

Insgesamt 60 Objekte (siehe Bilder) waren vom 18. Mai bis 2. Juni - gegen den Widerstand ihres Besitzers, der im US-Bundesstaat Colorado eine lebenslängliche Haftstrafe absitzt - im Internet unter den Hammer gekommen. Darunter das Originalmanuskript des berühmt-berüchtigten Manifestes, die dafür von Kaczyinski verwendete Schreibmaschine, bündelweise handbeschriebenes Papier (insgesamt etwa 20.000 Blatt), Pfeile und Köcher, Waagen, Werkzeuge und sogar Schuhe. Die 20 persönlichen Tagebücher Kaczynskis gingen für knapp 41.000 Dollar an den Höchstbieter, die Schreibmaschine für rund 22.000 Dollar. An der offiziellen Auktion des US-Marshals-Service konnte jedermann teilnehmen.

Boomendes Geschäft mit "Mörder-Memorabilia"
So makaber sie anmuten mag, stellt die Unabomber-Auktion aber nur das jüngste Beispiel für sogenannte "Mörder-Memorabilia" dar. Getreu dem angeblich vom Serienmörder Ed Gein (er war Vorbild für Anthony Perkins' Rolle des Norman Bates im Hitchcock-Klassiker "Psycho") getätigten Satz "Jeder Mensch braucht ein Hobby" erfreuen sich Erinnerungsstücke an Morde und von Mördern in den USA nämlich schon seit einigen Jahren großer Beliebtheit bei Sammlern.

Zahlreiche Internetseiten haben sich mittlerweile auf den Verkauf der Mörder-Memorabilia spezialisiert - mit wachsendem Erfolg. "Morde faszinieren die Leute einfach - sonst gäbe es ja auch nicht die Fernsehserie Crime Scene Investigation", beschreibt der Sammler Tod Bohannon das Phänomen. Und im Gegensatz zu den Erinnerungsstücken des Unabombers, deren Auktions-Erlös immerhin den Opfern oder ihren Angehörigen zugutekommen wird, basiert der restliche rege Handel mit Mörder-Memorabilien rein auf dem Profitdenken "tüchtiger" Geschäftsleute.

Industrie glorifiziert die Kriminellen
Andy Kahan, Leiter einer Abteilung des Rathauses von Houston, die den Opfern von Verbrechen Beistand leistet und den englischen Begriff "Murderabilia" prägte, findet den Handel unmoralisch. Kahan schätzt, dass es in den USA mittlerweile ein gutes halbes Dutzend Online-Anbieter der mörderischen Ware gibt, darunter murderauction.com, serialkillersink.com und supernaught.com.

Die Familien der Mordopfer sind von dem makabren Handel meist entsetzt. "Ich bin völlig dagegen", meint etwa Harriett Semander, deren 20 Jahre alte Tochter, Elena, 1982 vom geständigen Serienmörder Coral Eugene Watts umgebracht wurde, gegenüber der "New York Times". Jahre später musste die Frau entdecken, dass ein Brief von Watts im Internet zum Verkauf feilgeboten wurde. "Es glorifiziert den Kriminellen", so Semander, "und bringt Kummer und Trauer zurück."

Handelsverbot per Gesetz gefordert
Während es in mehreren US-Bundesstaaten Verbrechern verboten ist, aus ihrer düsteren Berühmtheit Kapital zu schlagen, gibt es kaum Gesetze, die es Händlern verbietet, mit den Waren Profit zu machen. Lediglich Texas, Kalifornien, Utah, New Jersey, Florida, Alaska, Michigan and Montana verbieten den Handel mit Mörder-Memorabilien per Gesetz, ein landesweiter Gesetzesentwurf aus dem Vorjahr ist mittlweile wieder in der Schublade verschwunden.

Was Unternehmer wie Eric Gein, dem Betrieber von serialskillerink.com, nur freuen kann. Der Geschäftsmann, dessen Künstlername Gein eine Hommage an den bereits erwähnten Serienkiller Ed Gein ist, will zwischen der behördlich angeordneten Kaczynski-Versteigerung und privaten Händlern keinen Unterschied erkennen.

Gein ist überzeugt, dass es in seinem Geschäft keinen Graubereich gebe, lediglich Schwarz und Weiß. "Es ist okay, für die Regierung das Zeug zu verkaufen, aber nicht für uns?", fragt er im Gespräch mit der "New York Times".

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