Saleh schuld?

Al-Kaida übernimmt Provinzhauptstadt im Jemen

Ausland
29.05.2011 10:31
Milizen der Al-Kaida im Jemen haben die südliche Provinzhauptstadt Sinjibar unter ihre Kontrolle gebracht. Die Islamisten übernahmen den Sitz der Provinzregierung, das Polizeikommando und alle anderen zentralen Einrichtungen, berichtete das Nachrichtenportal "Yemen Observer" am Samstag unter Berufung auf Augenzeugen. Provinzgouverneur Ahmed al-Misari, der außerhalb der Stadt wohne, sei in seiner Residenz festgesetzt worden.

Das Oppositionsbündnis JMP behauptete in einer Erklärung, der umstrittene Langzeit-Präsident Ali Abdullah Saleh habe die Stadt den Islamisten bewusst in die Hände gespielt. Mit dem Vormarsch des Al-Kaida-Ablegers wolle er dem Westen suggerieren, dass sein Verbleib an der Macht unerlässlich sei. Sinjibar liegt 80 Kilometer östlich der südlichen Metropole Aden.

Gegen Saleh demonstrieren seit mehr als drei Monaten Hunderttausende Menschen friedlich. Vermittlungsversuche, ihn zum Rücktritt zu bewegen, scheiterten an seinem Starrsinn. Das Machtvakuum hatte auch zu einem Erstarken der jemenitischen Al-Kaida-Extremisten geführt. Jetzt fürchtet man im Jemen, die Islamisten könnten die Macht an sich reißen.

Jemens Konfliktparteien reagieren mit Waffenruhe
Um dem zunehmenden Einfluss der Extremisten entgegen zu wirken, haben Regierung und Stammesführer nun einen Waffenstillstand vereinbart. Damit soll die Konfrontation enden, bei der in den vergangenen Monaten Hunderte Menschen starben und die das Land an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht hat. "Wir haben eine Abmachung, die Sonntag früh in Kraft tritt", sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Stammesvertreter äußerte sich ebenfalls entsprechend.

Zu den Vereinbarungen gehört, dass sich bewaffnete Stammesmitglieder aus Regierungsgebäuden zurückziehen und zu einer Normalisierung der Lebens beitragen. Die Kämpfe während des Aufstands hatten Tausende Bewohner der Hauptstadt Sanaa zur Flucht veranlasst. Die Sorge, dass der jemenitische Zweig von Al-Kaida von den Unruhen profitieren und auch das benachbarte Saudi-Arabien, den weltgrößten Ölexporteur, gefährden könnte, war in den letzten Tagen auch durch die Machtübernahme in Sinjibar immer größer geworden.

Langsam kehrt Ruhe ein
Schon im Tagesverlauf war nach Tagen schwerster Kämpfe etwas Ruhe im Land eingekehrt. Im umkämpften Norden Sanaas schwiegen die Waffen am Samstag weitgehend, nachdem sich Sicherheitskräfte von Präsident Saleh und Stammesvertreter informell auf eine Kampfpause verständigt hatten. Die Kosten der Krise beliefen sich auf bis zu fünf Milliarden Dollar (3,51 Mrd. Euro), sagte Handelsminister Hisham Sharaf Abdalla der Nachrichtenagentur Reuters. Das Land mit einer Wirtschaftsleistung von 31 Milliarden Dollar benötige dringend Hilfe, hatte er erklärt. Nur so könne ein Kollaps verhindert werden.

Der über Monate andauernde Aufstand hatte sich an den Revolutionen in anderen arabischen Staaten orientiert. Die zunächst weitgehend friedliche Protestbewegung gegen den seit 33 Jahren autokratisch herrschenden Saleh war zuletzt von den schweren Kämpfen immer mehr in den Hintergrund gedrängt worden. Allein in der vergangenen Woche starben mehr als 100 Menschen.

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