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Libyen stellt für Waffenruhe Wahlen in Aussicht

Ausland
20.04.2011 17:55
Libyens Außenminister Abdelati Laabidi al-Obeidi (im Bild) hat einem Rundfunkbericht zufolge Wahlen in Aussicht gestellt, falls die NATO ihre Angriffe einstellt. "Wenn die Bombardierung aufhört, könnte es sechs Monate später eine von den Vereinten Nationen überwachte Wahl geben", stellte al-Obeidi laut BBC-Bericht vom Mittwoch in Aussicht.

In der Wahl werde es um alle Fragen gehen, die die Libyer beschäftigten, darunter auch die Zukunft von Muammar al-Gadafi als Machthaber. Der libyschen Führung sei es ernst mit einem nachweisbaren und von internationalen Beobachtern überwachten Waffenstillstand, wurde der Minister weiter zitiert.

Al-Obeidi kritisierte dem Bericht zufolge zugleich auch die britische Entscheidung, rund ein Dutzend Militärberater nach Libyen zu entsenden. Sie sollen die Aufständischen im Land organisatorisch und beim Aufbau von Kommunikationsstrukturen unterstützen. Eine Ausrüstung mit Waffen oder ein Training der Rebellen ist indes nicht geplant. Der Minister habe gesagt, durch die Entsendung der Berater würden die Kämpfe nur in die Länge gezogen, berichtete die BBC.

Rebellen bitten um Bodentruppen
Unterdessen hat ein Vertreter der libyschen Aufständischen in der seit Wochen belagerten Küstenstadt Misrata den Einsatz von ausländischen Bodentruppen gefordert. Der Rebellensprecher Nuri Abdullah Abdullati sagte am Dienstag vor Journalisten, britische und französische Soldaten sollten auf der Basis der "humanitären" Prinzipien nach Misrata entsandt werden. "Wenn sie nicht kommen, werden wir sterben", sagte Abdullati.

Es ist das erste Mal, dass Rebellen offiziell um Bodentruppen bitten. Der frühere Richter Abdullati gehört zu dem 17-köpfigen Justizkomitee, das der Stadtverwaltung der Rebellen in Misrata vorsteht.

Streubomben gegen Rebellen
Misrata wird seit sechs Wochen von den Truppen von Machthaber Muammar al-Gadafi belagert. In der 400.000-Einwohner-Stadt, in der Essen, Wasser, Treibstoff, Medikamente und Strom knapp sind, werden täglich etwa zehn Menschen getötet. Die Regierungstruppen setzen Grad-Raketen und Streubomben ein. Hilfsorganisationen befürchten eine Massenflucht aus der Stadt.

Zwei Drittel wollen besseren Zivilistenschutz
Zwei Drittel der Libyer im Rebellengebiet sind unterdessen laut einer Umfrage mit den Militäraktionen der NATO zum Schutz der Zivilbevölkerung unzufrieden. Bei einer Befragung in den von Aufständischen kontrollierten Städten im Osten des Landes erklärten 65 Prozent, die Aktionen der NATO zur Umsetzung der UNO-Resolution 1973 seien nicht ausreichend. 28 Prozent der Befragten äußerten sich zufrieden.

Die Umfrage der libyschen Garjunis-Universität, an der sich in den vergangenen Tagen nach Angaben der Forscher 1.758 Libyer beteiligten, wurde am Dienstag in der Rebellenhochburg Bengasi vorgestellt. Der Dozent Fathi Ali sagte: "Dies ist die erste echte Meinungsumfrage in Libyen seit Jahrzehnten."

Die Namen der Befragten wurden nach Angaben der Forscher nicht erhoben. Allerdings räumten die Forscher ein, dass sich einige möglicherweise genötigt gesehen hätten, Antworten zu geben, die auf der Linie der Führung der Aufständischen liegen.

Erbprinz denkt über Rückkehr zur Monarchie nach
Der libysche Erbprinz Mohammed al-Senussi will unterdessen "alles" für die Errichtung einer Demokratie in seinem Heimatland tun und schlägt dafür eine zumindest vorübergehende Rückkehr zur Monarchie vor. "Meine Rolle ist klar", sagte der 48-Jährige am Mittwoch vor dem Europaparlament in Brüssel. Er werde "alles mir mögliche tun", um in Libyen einen demokratischen Staat zu errichten mit einem frei und fair gewählten Parlament. Seine Beziehungen zum Übergangsrat in der Rebellenhochburg Bengasi bezeichnete Senussi als "gut". Er unterstütze aber jede Gruppe, die sich für "die Interessen des Volkes einsetzt".

Als Grundlage eines "neuen Libyens" könne etwa in modernisierter Form die Verfassung von 1951 dienen, auch wenn diese seit mehr als vier Jahrzehnten nicht mehr in Kraft sei, schlug Senussi vor. Die Verfassung schrieb eine konstitutionelle Monarchie in dem nordafrikanischen Land fest und bestimmte Senussis Großonkel Mohammed Idris al-Mahdi al-Senussi zum König.

Es sei jedoch am libyschen Volk zu entscheiden, "ob es den Weg hin zu einer konstitutionellen Monarchie oder zu einer Republik einschlagen will", sagte der seit 1988 in Großbritannien lebende Senussi vor den europäischen Abgeordneten in Brüssel. Sein Großonkel war ein pro-britischer Monarch und wurde 1969 in einem Staatsstreich von dem jetzigen Machthaber al-Gadafi gestürzt.

Schiff holt mehr als 1.100 Flüchtlinge aus Misrata
Der Strom der Flüchtlinge aus der belagerten Stadt Misrata reißt indes nicht ab. Am Mittwoch traf im Hafen von Bengasi ein unter griechischer Flagge fahrendes Schiff mit mehr als 1.100 Flüchtlingen an Bord ein. Die meisten von ihnen waren Arbeiter aus Nigeria, Ghana und anderen afrikanischen Staaten.

"Die Situation in Misurata ist schecklich, es ist schwer, sauberes Wasser zu finden, ständig schlagen überall Raketen und Granaten ein", sagte ein Jordanier, der in Misrata in einer Marmorfabrik gearbeitet hatte. Alleine am Dienstag, während er und seine vier Kollegen auf das vom Golfstaat Katar geschickte Schiff warteten, seien auf dem Hafengelände vier Grad-Raketen eingeschlagen.

Die Araber wurden von Helfern mit Bussen nach Ägypten gebracht. Von dort aus sollen sie in ihre Heimatländer ausgeflogen werden. Die Afrikaner wurden in einem Flüchtlingslager außerhalb von Bengasi untergebracht. Seitens der Aufständischen hieß es, die Rebellen in Misrata hätten auf dem Seeweg in den vergangenen Wochen leichte Waffen erhalten. Doch seien sie den Gadafi-Truppen immer noch weit unterlegen.

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