Europas Notfallchef

Unser Experte in Weißrussland

Ausland
27.11.2021 06:00

Die WHO setzt auf Erfahrung aus Österreich. Dr. Gerald Rockenschaub wird nun als Europas Notfallchef fungieren. Die „Krone“ sprach mit ihm vor Ort über das Migrationsdrama in Weißrussland.

„Krone“: Herr Dr. Rockenschaub, der Westen spricht angesichts des Konflikts zwischen Belarus und der EU von einer staatlichen Schlepperaktion, Lukaschenkos Regime von „Touristen“, die er nach den Sanktionen nicht mehr aufhalten wolle. Liegt die Wahrheit in der Mitte?
Dr. Rockenschaub: Die WHO konzentriert sich auf die Gesundheitsagenden. Uns geht es darum, den in Belarus Gestrandeten eine Grundversorgung zukommen zu lassen. Im Lager in Grodno gibt es kaum sanitäre Einrichtungen.

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Das Dilemma ist, dass viele weder vor noch zurück können.

Dr. Gerald Rockenschaub

Woher kommen die Menschen im Lager und wohin wollen sie schlussendlich?
Die meisten sind aus dem Nordirak. Das Dilemma ist, dass viele weder vor noch zurück können. In der Heimat wurden die Brücken abgebrochen. Oft wird Deutschland als Ziel genannt.

Verstecken sich nach wie vor Menschen mit Zelten oder in Verschlägen im Wald?
Die Sicherheitsbehörden sprechen von Einzelfällen, die sich noch draußen aufhalten. Die große Mehrheit ist untergebracht.

Zuletzt war von 1700 gestrandeten Menschen die Rede. Die große Mehrheit sind junge Männer?
Circa eine Hälfte sind Männer, die andere Frauen, Kinder und Jugendliche.

An welchen gesundheitlichen Folgeschäden leiden sie?
Kälte bedingt mussten einige Personen mit Lungenentzündung behandelt werden. Wir bemühen uns derzeit, ein Primärversorgungszentrum zu errichten für Notfälle aller Art. Demnächst sollten auch unsere Medikamentenlieferungen hier ankommen.

Stichwort Corona?
Bis dato gab es lediglich eine Person, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung ins Spital musste. Breite Testungen gab es aber noch nicht. Die beengten Bedingungen und die geringe Ventilation in der Halle sind natürlich ein Risiko.

Sie sind beruflich derzeit noch in Albanien. Wir dürfen aber zur Beförderung gratulieren?
Ab Februar werde ich eine neue Tätigkeit als regionaler Notfalldirektor der WHO für Europa übernehmen und nach Kopenhagen ziehen.

DR. Med. Gerald Rockenschaub

  • Rockenschaub kam 1958 in Bruck an der Mur in der Steiermark zur Welt.
  • Er studierte Medizin in Graz und wurde Chirurg.
  • Er arbeitet seit 2004 für die WHO - in Dänemark, Israel und zuletzt in Albanien.
  • Für seine neue Funktion wird er nach Kopenhagen ziehen. Dort will der Familienvater später mit seiner Frau die Pension genießen.
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