Terrornacht in Wien

„Die Streifenpolizisten sind die wahren Helden“

Wien
29.10.2021 06:00

Der Kommandant der Wiener Spezialeinheit WEGA, Oberst Ernst Albrecht, begibt sich ein Jahr nach dem Terroranschlag mit der „Krone“ auf die blutige Spur des Attentäters.

„Hier hat alles begonnen - hier hat er sich umgezogen und die ersten Schüsse abgegeben.“ Wir stehen mit WEGA-Boss Ernst Albrecht auf dem Desider-Friedmann-Platz, von wo aus der Attentäter am Abend des 2. November den Terrormarsch startete (siehe Grafik). Der nächste blutige Schauplatz nur wenige Meter weiter: das Lokal „Salzamt“. „Man muss sich vorstellen: Der Gastgarten war sehr belebt - der Täter hat wahllos auf die Leute gefeuert. Auch im Innenbereich war es voll. Viele Gäste haben gar nicht mitbekommen, was draußen passiert. Zum Glück ist der Angreifer nicht auch ins Lokal.“

Gewehr-Magazin in Hofeingang aufgefüllt
Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits zwei Leben ausgelöscht. Auf sein drittes Opfer traf der Killer dann in der Seitenstettengasse. „Weshalb der Täter hier auf und ab gelaufen ist, wissen wir nicht mit Sicherheit. Wir nehmen aber an, dass er hier Schutz gesucht hat, um aufzumagazinieren“, erklärt der damalige Einsatzleiter und deutet auf einen Hofeingang.

Ein angespanntes Gefühl hat der Top-Polizist bei unserem Spaziergang nicht: „Dafür bin ich schon zu lange dabei. Es gibt so viele Ecken, an denen mir einfällt: Da war das, da passierte das. Ich könnte mittlerweile schon eine Art Gruseltour durch Wien veranstalten.“

„Mut und Herz“: Mit Pistole gegen militärische Waffe
An jenem Ecklokal vorbei, in dem der Besitzer durch die Tür von Projektilen getötet wurde, stehen wir dann am Schwedenplatz. Hier kam es zum ersten Schusswechsel zwischen Polizei und Attentäter, ein Beamter wurde getroffen. „Die Streifenpolizisten sind die wahren Helden. Sie haben alles richtig gemacht - und das auf eine Art und Weise, die viel Mut und Herz verlangt. Man darf nicht vergessen: Sie waren mit Pistolen bewaffnet, der Täter mit einem Sturmgewehr. Dennoch haben sie ihn unter Druck gesetzt, seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen und ihn in die Enge getrieben.“

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Die Kollegen von der Streife haben die eigene Gefahr hintangestellt, um die Gefahr für andere abzuwehren. Chapeau!

Oberst Ernst Albrecht, Kommandant der Wiener Spezialeinheit WEGA

„Den fehlerfreien Einsatz wird es nie geben“
Konkret in eine Ecke an der Ruprechtsstiege, wo der Attentäter schlussendlich von WEGA-Beamten neun Minuten nach dem ersten Notruf eliminiert wurde. Ein Jahr danach zieht Ernst Albrecht exakt an jener Stelle kurz Bilanz: „Die Konzepte und die Abwicklung haben gut funktioniert. Auch, wenn es den fehlerfreien Einsatz nicht gibt. Aber am Ende des Tages können wir nicht dastehen und sagen: ,Wir waren so super.‘ Menschen kamen ums Leben oder wurden schwer verletzt. Und jeder von uns wünscht sich, aus so einem Szenario ohne Todesopfer rauszukommen ...“

„Der größte Tatort in Wien“
Langsam rollen die Roboter „Telemax“ und sein großer Bruder „Teodor“ vom Entschärfungsdienst des Innenministeriums an die Einsatzstelle, heben und untersuchen zusammen vorsichtig die Tasche des Täters. Erst dann erhalten sie Unterstützung von ihrem menschlichen Kollegen. Als dieser dann sein Okay gibt, können die Spurensicherer der Tatortgruppe mit ihrer Arbeit starten. Unterstützt von Spezialermittlern des Bundeskriminalamtes, die per Lasertechnik den Tatort virtuell, detailgetreu und dreidimensional festhalten.

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Die Dimension war sicher keine alltägliche.

Ermittlerin Sandra Pertl über den Tatort

In diesem Fall eine beeindruckende, kurze Demonstration - im Zuge des Attentats vor einem Jahr waren die Experten aber nicht nur die die ganze Nacht, sondern über Tage an den Tatorten am Werken. Vom „größten Tatort aller Zeiten in Wien“ ist die Rede. „Die Dimension war sicher keine alltägliche. Wir haben allein Hunderte Hülsen der vom Täter verschossenen Patronen sichergestellt und fast 600 DNA-Spuren gesichert“, so Ermittlerin Sandra Pertl.

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