Ausreiseverbot

Gadafi muss sein Gefolge mit Gewalt im Land halten

Ausland
01.04.2011 14:29
Der libysche Machthaber Muammar al-Gadafi verliert nicht nur immer mehr die Unterstützung seines Volkes, sondern auch hochrangige Gefolgsleute. Nachdem sich Gadafis Außenminister am Donnerstag nach London abgesetzt hat, sollen laut Al-Jazeera nun auch der Chef des Auslandsgeheimdienstes und ein hochrangiger Diplomat das Land verlassen haben. Gadafi reagiert darauf mit einem Ausreiseverbot für alle Regierungsmitglieder und hochrangige Beamte.

Nach Informationen der arabischen Tageszeitung "Al-Sharq al-Awsat" wollen sich außer dem nach Großbritannien geflohenen Außenminister Mussa Koussa noch weitere ranghohe Funktionäre absetzen, darunter der Parlamentspräsident und Ministerpräsident Al-Baghdadi Al-Mahmoudi. Das dürfte nach der Anküngigung Gadafis allerdings ein schwieriges Unterfangen werden.

Fraglich ist nur, wie viele Regierungsmitglieder und hochrangige Beamte überhaupt noch in Libyen sind, denn aus dem Nachbarland Tunesien hieß es am Freitag, dass eine größere Delegation libyscher Regierungsbeamter bereits vor zwei Wochen eingereist sei. Es sei jedoch nicht klar, wo sich diese aktuell aufhalten. Zudem sollen Mitte dieser Woche mehrere libysche Fahrzeuge mit Diplomatenkennzeichen die Grenze überquert haben. Es sei zwar unklar, wer in diesen Autos saß, doch dass es sich bei den Insassen um libysche Diplomaten handle, sei naheliegend.

Pattstellung an der Front im Osten
Trotz Verlusten in den eigenen Reihen und der Abkehr eigener Gefolgsleute kämpft Gadafi weiter. An der Front im Osten Libyens stehen sich Rebellen und regimetreue Truppen mittlerweile in einem Patt gegenüber. Den Regimegegnern am Rande der Stadt Ajdabiya gelang es am Freitag wieder nicht, die Gadafi-Truppen zurückzudrängen, wie ein BBC-Reporter aus der Region berichtete.

Am Vortag war bereits der Vorstoß gescheitert, den am Mittwoch verlorenen Ölhafen Brega zurückzuerobern. Den Truppen des Regimes scheine es zu gelingen, eine komfortable Pufferzone zwischen dem von den Aufständischen kontrollierten Landesteil und dem Kernland der Gadafi-Anhänger rund um Sirte, die Geburtsstadt des Diktators, zu schaffen, berichtete der BBC-Reporter.

Regime-Truppen haben weiterhin die Oberhand
Die Truppen des libyschen Regimes haben nach US-Einschätzung trotz des internationalen Militäreinsatzes weiterhin deutlich die Oberhand gegenüber den Rebellen. Das Heer Gadafis sei gemessen an der Truppenstärke und Ausrüstung ungefähr zehnmal so schlagkräftig wie die Aufständischen, sagte US-Generalstabschef Mike Mullen am Donnerstag vor dem Streitkräfte-Ausschuss des Abgeordnetenhauses. Zudem agiere der Diktator skrupellos, warnte der amerikanische Top-Militär. Gadafi würde "so viele töten, wie er müsse, um die Rebellion niederzuschlagen".

Rebellen fordern Bewaffnung oder Waffenstillstand
Der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Jalil, forderte deshalb am Freitag die internationale Staatengemeinschaft auf, die Rebellen mit Waffen zu versorgen. Ohne entsprechende Militärhilfe sei es für die Rebellen sehr schwer, den Truppen von Machthaber Muammar al-Gadafi Einhalt zu gebieten. Allerdings wies er auch darauf hin, dass die libyschen Rebellen unter gewissen Bedingungen zu einem Waffenstillstand bereit wären.

"Unsere Bedingung für einen Waffenstillstand ist, dass die Truppen von Gadafi sofort aus den Städten abziehen und dass sie die Blockade von Städten wie Misrata beenden", so Jalil. Außerdem müsse den Menschen in diesen Städten die Möglichkeit gegeben werden, frei ihre Meinung zu äußern. Zusätzlich solllten Gadafi und seine Familie das Land verlassen, fügte er hinzu.

Sorge um humanitäre Situation in Libyen
Die Vereinten Nationen sind unterdessen besorgt über die humanitäre Lage in Libyen. UNO-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres bezeichnete die Lage in dem nordafrikanischen Land am Donnerstag während eines Besuchs in der ägyptischen Hauptstadt Kairo als "dramatisch". Rund 400.000 Menschen seien vor den Kämpfen nach Tunesien oder Ägypten geflohen. Zudem gebe es viele Menschen, die in Libyen auf der Flucht seien.

Die Binnen-Flüchtlinge seien zwischen den Linien der Regierungstruppen und der Rebellen in einer "verzweifelten Lage", sagte Guterres. Es sei "absolut notwendig", dass die humanitäre Hilfe diese Menschen unverzüglich erreiche.

Gadafi trotzt Rücktrittsforderung
In Anbetracht der Lage in Libyen fordern unzählige Regierungschefs immer wieder den Rücktritt Gadafis. Dieser mag allerdings nichts mehr davon hören und holte deshalb am Donnerstagabend zum Gegenschlag aus: Der Machthaber forderte seinerseits den Rücktritt der Staatschef aller Länder, die sich an der militärischen Allianz zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung beteiligen. Gadafi sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Jana, die Luftangriffe in Libyen seien eine Neuauflage der Kreuzzüge, "ein Kampf zwischen Muslimen und Christen" auf beiden Seiten des Mittelmeeres. Dass sich inzwischen auch Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit der Allianz angeschlossen haben, verschwieg er.

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