Der heurige Sommer war für Feuerwehren einmal mehr extrem belastend, vor allem das Jahrhundert-Unwetter Ende Juli in Graz war eine enorme Herausforderung. Aber wie sich für wachsende Anforderungen rüsten? Experte Heimo Krajnz, der stellvertretende Branddirektor der Grazer Berufsfeuerwehr, im „Krone“-Gespräch.
„Krone“: Nach dem Jahrhundertunwetter ist vor dem Jahrhundertunwetter. Welche Lehren hat man aus dem vergangenen Sommer gezogen?
Heimo Krajnz: Wir haben bei der Grazer Berufsfeuerwehr schon 2005 viele unserer Abläufe adaptiert. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war damals, dass nicht alle Einsatzkräfte gleichzeitig ausrücken dürfen. Heute nehmen wir die Notrufe der Reihe nach an und arbeiten sie nach Priorität ab. So kann vermieden werden, dass der 780. Anrufer, bei dem es nicht ,nur‘ um einen überfluteten Keller sondern wirklich um Leben und Tod geht, zu lange auf Hilfe warten muss.
Schlechte Kommunikation hat heuer bei der Flutkatastrophe in Deutschland dazu geführt, dass 181 Menschen ihr Leben lassen mussten. Wie würde man hierzulande auf so ein Ereignis reagieren?
Zuerst würde man die Sirenen auslösen und dann evakuieren, evakuieren, evakuieren. Wir sind mit dem ORF zusammengeschlossen, wichtige Informationen würde man unmittelbar einspielen können. Auch soziale Medien nutzen wir verstärkt. Dennoch ist ein ausgeklügeltes Vorwarnsystem das wichtigste Instrument, das uns noch fehlt, wir arbeiten mit Hochdruck daran.
Hangrutschungen werden zu einem immer größeren Problem, sich davor zu schützen, ist schwierig. Dennoch sollte jeder Bürger seinen aktiven Beitrag leisten in puncto Hochwasserschutz.
Heimo Krajnz
Ein Unwetter wie im Juli hätten die meisten Grazer wohl nicht für möglich gehalten. Worauf müssen sich die Bewohner einstellen?
Bei diesem Extremereignis hatten wir die größten Schäden dort, wo es keine Verbauung gibt. Hangrutschungen werden zu einem immer größeren Problem, sich davor zu schützen, ist schwierig. Dennoch sollte jeder Bürger seinen aktiven Beitrag leisten in puncto Hochwasserschutz.
Könnte die Mur zu einer Bedrohung werden?
Das ist äußerst unwahrscheinlich. Ihr Gefälle beträgt im für die Grazer relevanten Abschnitt insgesamt zwölf Meter, zudem haben wir zwei Kraftwerke, die große Wassermengen regulieren können.
Ein solches Unwetter wie im Juni im Norden von Graz, bei dem Hagel und Blätter alles verstopften - da hilft auch der beste Kanal nichts.
Heimo Krajnz
Sie sind seit fast 40 Jahren bei der Feuerwehr. Ist das Jobprofil heute ein anderes?
Die Gefahr von Waldbränden wird zusehends größer, das war früher fast kein Thema - darauf haben wir mit der Anschaffung einer Drohne für Sichtungsflüge reagiert. Neu ist auch, dass wir durch die Belebung der Mur mehr Taucheinsätze registrieren. Gerade erst haben 24 Taucher ihre Ausbildung zum Fließwasserretter erfolgreich absolviert.
Graz schafft kontinuierlich Wohnraum, das Kanalnetz ist parallel nicht mitgewachsen. Was erwartet man sich von dem neuen Speicherkanal?
Der neue, große Kanal wird das Regenwasser-Management erleichtern und Hochwasser-Situationen sicherlich ordentlich entspannen. Eines ist aber auch klar: Ein solches Unwetter wie im Juni im Norden von Graz, bei dem Hagel und Blätter alles verstopften - da hilft auch der beste Kanal nichts.
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