Im „Krone“-Interview

Helga Rabl-Stadler: „Nein, nein, nein!“

Adabei
11.07.2021 06:00

Helga Rabl-Stadler (73) tritt heuer nach 26 Jahren als Festspiel-Präsidentin ab. Warum sie nicht mehr verlängern und auch nicht Bundespräsidentin werden will - sich aber vor der Pension fürchtet.

Zwischen Terminen in Salzburg, Wien und gleich in München begrüßt sie mit einem Schwung, der selbst Junge alt aussehen lässt: „Hallo, meine Liebe.“ Unglaubliche 73 wurde die Grande Dame der Salzburger Festspiele vor einem Monat.

Im Krimi „Glück in Salzburg“ wurde sie als „Muttergottes der Festspiele“ bezeichnet, der „Trend“ kürte sie zuletzt zum Mann - Pardon: ausnahmsweise „Frau des Jahres“, weil sie vergangenen Sommer allen Corona-Zumutungen getrotzt und ihre Jahrhundertfestspiele mit aller Kraft und Zuversicht durchzog. Dr. Helga Rabl-Stadler, Tochter des 2015 verstorbenen Gerd Bacher, Ex-Frau von Ex-„Kurier“-Chef Peter Rabl, Mutter von zwei erwachsenen Söhnen, Ex-Journalistin, Ex-Unternehmerin, Ex-ÖVP-Politikerin: „Die Neugier hat mich immer angetrieben“, lacht sie.

„Krone“:Letztes Jahr haben Sie für großes Aufsehen gesorgt, weil Sie die Festspiele mit unglaublicher Verve durchgezogen haben, während alle anderen absagen mussten. Welcher Sommer war schwieriger: der letzte oder der heurige?
Helga Rabl-Stadler: Heuer haben wir die Impfung, Tests und die Erfahrung des letzten Sommers. Aber auch die extrem hohe Erwartungshaltung, die wir letztes Jahr erzeugt haben. Viele internationale Künstler und Gäste dürfen immer noch nicht reisen und kommen.

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Nächsten Sommer plane ich, ein Haus in Italien zu mieten und nicht in Salzburg zu sein. Denn Ratschläge machen nur demjenigen eine Freude, der sie gibt.

Helga Rabl-Stadler

Was wird man heuer noch von der Pandemie merken?
Man braucht zwar keine Masken mehr, aber wir wollen ein bisschen vorsichtiger sein als die allgemeinen Vorschriften und empfehlen, beim Hinein- und Rausgehen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Wir werden auch wieder Pausen mit Buffet machen und dürfen voll auslasten. Ich bin zuversichtlich, dass wir ausverkaufen. Obwohl wir 120 Telefonleitungen haben, sind sie am ersten Bestelltag immer wieder zusammengebrochen. Wir haben an nur einem Tag Karten um 1,4 Mio. Euro verkauft. Das ist ein enormer Vertrauensbeweis und zeigt die Sehnsucht der Menschen nach Kunst.

Werden Sie Ihre Gäste mit Maske begrüßen?
Auf der Straße vor dem Festspielhaus nicht, sonst schon. Aber ich werde keine Hände schütteln. Das fängt ja schon wieder an und ist immer wieder etwas peinlich, wenn ich dann freundlich sage, dass ich das heuer sicher noch nicht mache.

Bussi-Bussi demnach auch nicht?
Nein, nein, nein! Ich umarme noch nicht mal meine eigenen Kinder. Nur ausnahmsweise an meinem Geburtstag am 2. Juni. Aber das fehlt mir sehr.

Sie waren unglaubliche 26 Jahre Präsidentin. Ihre Anfangsjahre waren hart, die Konflikte mit Gerard Mortier legendär. Wie hält man so lange durch?
Die Intrigen in der Kunst sind noch ärger als in der Politik. Aber wenn man sich nicht daran beteiligt, spricht sich das schnell herum und wird für die anderen uninteressant. Ich hab auch kein Talent zur Frustration, wenngleich ich mich zu Beginn sicher mehr hätte wehren müssen. Da habe ich oft geschwiegen, um das Ansehen der Festspiele zu wahren. Mit Mortier, der ja 2014 verstorben ist, habe ich mich am Ende versöhnt, und wir vergeben heuer sogar einen Award, um seine Bedeutung zu würdigen. Die letzten zwei Jahre waren wegen Corona aber die härtesten.

Sie waren in vielen Funktionen die erste Frau - auch als Festspiel-Präsidentin. Als Sie das Türschild damals auf „Präsidentin“ ändern lassen wollten, meinte man flapsig: „Das zahlt sich gar nicht aus.“ Hatten Sie es als Frau schwerer?
Der Maßstab, der an uns Frauen gelegt wird, ist nach wie vor viel strenger. Was aber besser geworden ist, ist die Solidarität unter den Frauen. Es braucht eine gewisse Robustheit, und man darf die Dinge nie persönlich nehmen.

Sind Sie für Frauen-Quoten?
Mittlerweile schon. Ohne tut sich leider viel zu wenig.

Sie hören heuer tatsächlich auf?
Definitiv. Man soll gehen, solange man den Zeitpunkt noch selbst bestimmen kann und es den Menschen leid tut.

Und wer soll Ihnen nachfolgen?
Die Bewerbungsfrist beginnt im September. Ich mische mich nicht ein und weiß dazu auch nichts. Wer zu früh genannt wird, wird es meist auch nicht.

Sie selbst werden immer wieder als ÖVP-Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl nächstes Jahr genannt ...
Das ist zwar sehr ehrenvoll, aber das schließe ich aus. Ich hoffe, dass Van der Bellen wieder kandidiert und es sonst eine tüchtige jüngere Frau wird.

Sie wollen doch nicht allen Ernstes in Pension gehen und Oma sein? Das schaffen Sie ja nicht.
Ich stehe seit meinem 30. Lebensjahr in der Öffentlichkeit und war 52 Jahre berufstätig. Wenn es lauter Leute wie mich gäbe, könnte das Pensionssystem jubeln. Ich glaube, es wird mir auch mal ganz guttun, etwas weniger Belastungen zu haben. Wenngleich ich zugebe, dass der Übergang eine große Herausforderung wird. Ich habe mich ja immer über meinen Beruf definiert und ihn über alles geliebt. Ich spiele nicht Golf, mache keinen Sport. Am liebsten lese ich. Nächsten Sommer plane ich, ein Haus in Italien zu mieten und nicht in Salzburg zu sein. Denn Ratschläge machen nur demjenigen eine Freude, der sie gibt.

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(Bild: kmm)



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