Bei einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe wäre für einen abgeurteilten Beamten zwingend der automatische Amtsverlust vorgesehen. Aus diesem Grund sah der Schöffensenat entgegen der ausdrücklichen Aufforderung der Staatsanwaltschaft dem 53-jährigen Polizisten das gesamte Strafausmaß bedingt nach.
Aussagen taten Richterin "weh"
Die Vorsitzende Irene Mann machte deutlich, dass das Urteil milder ausgefallen wäre, hätte sich der Chefinspektor schuldeinsichtig gezeigt: "Die Strafe wäre ganz anders ausgefallen, wenn Sie sich nicht zu jedem Anklagepunkt unglaubwürdigst verantwortet hätten. Das tat weh."
Dem Staatsanwalt waren bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren eineinhalb Jahre zu wenig. Er meldete unverzüglich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Verteidiger Karl Bernhauser erbat Bedenkzeit. Sein äußerlich unbewegter Mandant verließ unmittelbar nach der ausführlichen Urteilsbegründung beinahe im Laufschritt das Graue Haus.
"Er hat sich über das Gesetz gestellt"
"Es ist festzustellen, dass beim Angeklagten seine berufliche Professionalität hinter persönlichen Umständen und persönlichen Freundschaften durchaus zurückgestanden ist. Er hat sich schlichtweg über das Gesetz gestellt. Er hat sich teilweise nicht darum gekümmert, was man darf und was nicht. Es war zum Teil eine fast dreiste Art, in der er sich über das Gesetz hinweg gesetzt hat", musste sich der ehemalige Chefinspektor in der Urteilsbegründung anhören.
Dabei zeigte sich die Richterin überzeugt, "dass der Angeklagte in der Vergangenheit ausgezeichnete Polizeiarbeit geleistet hat und sein Engagement weit über das übliche Ausmaß hinausgegangen ist". Er habe sich jedoch "zu weit aus dem Fenster gelehnt". Mit völligem Unverständnis begegnete der Senat den Unschuldsbeteuerungen des Polizisten, der zu keinem einzigen Anklagepunkt ein Fehlverhalten zugestehen wollte: "Dass Sie sich überhaupt nichts vorzuwerfen haben, können wir nicht nachvollziehen."
Mehrmals während Dienstzeit im Casino gewesen
Auch wegen eines Hausdurchsuchungsbefehls wurde er schuldig gesprochen, da er den mangels dringenden Tatverdachts gar nicht hätte einholen dürfen und der dann auch gar nicht vollzogen wurde. Auch den von der Anklagebehörde erhobenen Betrugsvorwurf segnete das Gericht ab: Demnach hat der Polizist während seiner Dienstzeit mehrfach ein Casino an der tschechischen Grenze besucht und damit die Republik geschädigt, wobei der Schaden dem Urteil zufolge die 3.000 Euro-Grenze nicht überstieg. Freisprüche gab es in drei von neun Amtsmissbrauch-Vorwürfen und in einem Teilbereich der zur Anklage gebrachten Bestimmung zur Falschaussage.
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