Kritik an Studie

Mediziner: Bei Corona keine Asthmasprays nehmen

Wissenschaft
29.04.2021 16:27

Geht es nach einer Studie der Universität Oxford, dann schützt ein gängiger Asthmaspray gegen einen schweren Verlauf von Covid-19. Die Folge: In Österreich hamsterten Menschen Asthmasprays, durch den Run auf die Apotheken kam es zur Verknappung dieser für Asthma-Patienten wichtigen Medikamente. Doch österreichische und deutsche Lungenmediziner appellieren jetzt an ihre Kollegen und Erkrankte, bei Covid-19 keine solchen Sprays zu verschreiben bzw. zu verwenden.

Die Studie sei so mangelhaft und mit wenigen Versuchspersonen durchgeführt, dass man derzeit keine Asthmaspray-Inhaltsstoffe bei Covid-19-Erkrankungen empfehlen könne, erklärten die Lungenmediziner am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz. Das Studiendesign habe große Schwächen, sagte Marco Idzko von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien. So hätten die englischen Forscher etwa den Placeboeffekt nicht ausgeschlossen. Solch ein Vorgehen würde die Ergebnisse „wahnsinnig verzerren“, so der Mediziner.

Als wichtigste Verbesserung wurde in der Studie beschrieben, dass die Patienten mit dem Asthmaspray weniger oft die Rettung riefen, in die Notaufnahme kamen oder den Hausarzt besuchten. Das sei eine subjektiv getroffene Entscheidung, die sich sehr nach dem persönlichen Befinden richte. „Der Großteil der Krankenhaus- und Arztbesuche hing auch gar nicht mit Covid-19 zusammen“, sagte Idzko.

Zahl der Versuchspersonen ziemlich klein
Bei allen medizinisch nachweisbaren, aussagekräftigen Faktoren wie der Viruslast im Körper und der Sauerstoffsättigung im Blut, die bei Atemnot durch eine Covid-19-Erkrankung sinkt, habe es keine Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne Asthmaspray gegeben, erklärte er. Zudem war die Zahl der Versuchspersonen mit 73 Patienten in der behandelten Gruppe und ebenso vielen in der Kontrollgruppe sehr niedrig.

„Es gibt also keinen einzigen klaren Hinweis, dass die Behandlung etwas gebracht hat und dass sie mittlere oder schwere Verläufe reduziert“, so Idzko: „Zum aktuellen Zeitpunkt wäre es demnach alles andere als seriös, eine Therapieempfehlung dafür abzugeben.“ Es bräuchte größere Studien, die den Placeboeffekt ausschließen (sogenannte verblindete Studien, Anm.), um zu sehen, ob unterschiedliche Dosierungen dieser Wirkstoffe einen positiven Effekt zur Behandlung von Covid-19 haben könnten.

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Es gibt also keinen einzigen klaren Hinweis, dass die Behandlung etwas gebracht hat und dass sie mittlere oder schwere Verläufe reduziert.

Marco Idzko von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien

Erste Ergebnisse von Folgestudie zeigen keinen Effekt
Die Chancen scheinen aber nicht sehr hoch, denn die Zwischenergebnisse einer Folgestudie zeigen keinen Effekt. Idzko appellierte daher an seine Kollegen, bei Covid-19 keine inhalativen Glukokortikoide zu verschreiben. Erstens könnte die hohe Dosierung, die in der Studie verwendet wurde, Nebenwirkungen mit sich bringen. Zweitens käme es zu einer Verknappung der Medikamente für die Asthmapatienten. „In Österreich war dies unmittelbar zu beobachten“, sagte er.

Nachdem über die Studie berichtet wurde, klagten niedergelassene Ärzte, dass ihre Asthmapatienten keine Sprays mehr in den Apotheken bekamen. „Rückfragen bei Firmen ergaben, dass es tatsächlich vermehrte Off-Label-Verschreibungen (also Rezepte abseits der eigentlichen Anwendung gegen Asthma, Anm.) gab“, erklärte der Mediziner.

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