Russland in Verzug

„Sputnik“-Effekt lässt weiter auf sich warten

Ausland
14.04.2021 10:10

Obwohl im Vorjahr von Russlands Präsidenten Wladimir Putin als das „beste Vakzin der Welt“ angekündigt, geht die Impfkampagne mit „Sputnik V“ weiterhin nur schleppend voran - nur drei Prozent der Russen sind bislang gegen das Coronavirus geimpft worden. Selbst die meisten EU-Länder haben trotz wesentlich späteren Impfstarts schon größere Fortschritte bei der Impfquote erzielt.

Die täglichen Jubelmeldungen in Russland zum Corona-Impfstoff „Sputnik V“ erinnern an die Tage, als die stolze Raumfahrtnation als erste ins Weltall vordrang. Deshalb ist das Vakzin auch nach dem ersten Satelliten - dem Sputnik - benannt, wie der Chef des staatlichen russischen Direktinvestmentfonds RDIF, Kirill Dmitrijew, stolz hervorhebt.

Gerade erst hat Russlands oberster Vermarkter des Präparats die Weltpresse zusammengerufen, um von neuen Erfolgen zu berichten. „Indien ist das 60. Land, das ,Sputnik V‘ zugelassen hat. Ein Meilenstein“, freut er sich.

Zweifel an Daten für Zulassung
Doch obwohl immer mehr europäische Länder einen Ankauf der Vakzine in Erwägung ziehen, ist eine EU-Zulassung weiter nicht in Sicht. Aktuell sind Experten der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) in Russland unterwegs, weil sie viele Fragen haben zu den bisher vorgelegten russischen Daten. Sie besuchen Kliniken, in denen geimpft wird, Produktionsstätten und Lagerräume.

Eine Entscheidung erwartet der Gesundheitsexperte Jerome Lepeintre bei der EU-Vertretung in Moskau aber erst im Juni oder Juli. 

Kurz drängt auf Einsatz
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will „Sputnik“ schon früher auch in Österreich einsetzen. Ende März sagte er, man sei in den Verhandlungen mit Moskau „auf den letzten Metern“ und eine Bestellung „kann wahrscheinlich schon nächste Woche erfolgen“, mit der Lieferung von insgesamt einer Million Dosen bis Anfang Juni. Unklar ist, ob Moskau den Impfstoff auch schon vor einer Zulassung nach Österreich liefern wird. 

Mit dem Nachbarland Slowakei gibt es diesbezüglich nämlich Probleme, weil die Gesundheitsbehörden dem eigenmächtig vom mittlerweile gestürzten Premier Igor Matovic ins Land geholten Serum keinen Persilschein ausstellen wollen.

Kann Russland überhaupt liefern?
Im internationalen Vergleich zu den Präparaten etwa von Biontech/Pfizer und Moderna fällt das Mittel deutlich ab. Russlands Impf-Funktionäre sehen sich seit Langem Kritik ausgesetzt, sie würden nicht transparent mit Zahlen umgehen. Unabhängige Experten gehen davon aus, dass Russland nur einen kleinen Bruchteil seiner bisher international zugesagten Dosen überhaupt liefern kann.

Gut eine Million Sputnik-Dosen hat allein Ungarn erhalten nach offiziellen Angaben. Das Land hat als einziges EU-Mitglied das Vakzin national zugelassen, ohne die EMA-Entscheidung abzuwarten.

Erst drei Prozent der Russen geimpft
Dabei klagen viele Regionen in Russland über Lieferengpässe, wie selbst der russische Präsident Wladimir Putin einräumen musste. Nach Putins Angaben haben erst 4,3 Millionen Menschen die beiden notwendigen Spritzen erhalten. Das sind knapp drei Prozent der 146 Millionen Einwohner. In Österreich liegt die entsprechende Impfquote mit gut sieben Prozent mehr als doppelt so hoch.

Wie in der Raumfahrt vergleicht sich Russland aber am liebsten mit den USA, wo die Impfquote bei über 20 Prozent liegt - das sind mehr als 70 Millionen komplett Geimpfte. Die offiziellen Statistiken in Russland weisen wohl auch aus dem Grund keine Impfzahlen aus.

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