Guten Morgen

Tod des Welterklärers | Gedanken übers Leben

Tod des Welterklärers. So vorsichtig man mit Superlativen umgehen muss, ihm standen und stehen sie auch über seinen Tod hinaus weiter alle zu: Jahrhundertjournalist, DER Welterklärer, Kommentator der Nation, Personifiziertes Geschichtsbuch Österreichs. Hugo Portisch, der Zeit seines Lebens all diese und noch viele weitere Ehrentitel mehr bescheiden hinnahm starb jetzt im 95. Lebensjahr in Wien. Jeder Österreicher, von Millennials und noch später Geborenen vielleicht einmal etwas abgesehen, hat seine Assoziationen. So macht „Krone“-Außenpolitik-Doyen Kurt Seinitz heute in seinen Erinnerungen an Hugo Portisch darauf aufmerksam, dass ihm journalistische Unabhängigkeit das höchste Gut war. Das teilt der Verstorbene mit „Krone“-Gründer Hans Dichand, beide enge Weggefährten. Dichand holte in seiner Funktion als Chefredakteur des damals neu gegründeten Kurier seinen Freund 1955 als Stellvertreter. Nach Dichands Abgang vor der Gründung der „Kronen Zeitung“ Ende der 50-er-Jahre wurde Portisch sein Nachfolger als Kurier-Chefredakteur. In den 60ern wechselte er mit erfolgreichem Kampf um die Unabhängigkeit des Staatsfunks in den ORF. Wer wie ich in den (frühen) 70ern TV-sozialisiert wurde, erlebte den Chefkommentator zumindest gefühlt beinahe täglich als großen Welterklärer. Wer in ein etwas späteres TV-Zeitalter hineinwuchs wurde groß mit Portischs „Österreich 1“- und „Österreich 2“-Projekten. Durch die ein Großteil der Österreicher mehr Geschichte lernte als in acht, neun, zwölf oder mehr Schuljahren. Daran erinnert in unseren heutigen vier Nachruf-Seiten auch „Krone“-Autorin Franziska Trost, die davon berichtet, dass es sich ihre Geschichtslehrerin manchmal leicht machte und einfach die Portisch-Dokumentationen in der Klasse zeigte. Trost schreibt auch: „Hugo Portisch war ein Fels in der  Brandung der Fake News, einer, auf den bis zum Schluss fast alle hörten. Ein Lehrer und Mahner, der  in Zeiten wie diesen schmerzlich fehlen wird.“ So ist es! 

Gedanken übers Leben. Karfreitag - ein Tag, an dem wir daran erinnert werden, dass Jesus ans Kreuz genagelt wurde und starb. Ein Tag, an dem wir mehr als sonst an die Sterblichkeit denken. In der „Krone“ tun wir das heute unter anderem mit der berührenden Reportage von Reporterin Silvia Schober über einen todgeweihten 62-jährigen Akademiker aus Wien. Der Krebskranke sieht dem nahenden Ende mit relativer Gelassenheit entgegen. Er macht sich viele Gedanken über das Leben und den Tod. Gedanken, die uns zu denken geben sollten. Etwa, wenn er sagt, dass „unsere Aufgabe besteht darin, dass wir immer mehr zu uns selbst finden im Laufe unseres Lebens und immer mehr Mensch im humanistischen Sinne werden, der möglichst nach allgemeinen ethnischen Prinzipien lebt und handelt.“ Nehmen wir diesen Satz ernst - auch wenn noch nicht unser letztes Stündlein geschlagen hat! 

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