Es ist ein Tag, der in die Geschichte eingeht - seit Freitag kann man nur noch mit einem negativen Covid-Test aus Tirol ausreisen. Ein Lokalaugenschein.
Sibirische Kälte dringt durch das geöffnete Autofenster in Kufstein in Tirol an der Grenze zu Deutschland. Ein Soldat wirft einen Blick in den Wagen. Seit Freitag muss jeder, der aus Tirol ausreisen will, einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Der allergrößte Teil hat diesen auch dabei, es bleibt bei einem Nicken des Soldaten, ehe sich das Fenster wieder schließt. Nur vereinzelt erscheinen Menschen ohne Corona-Test an den Grenzen. Ein Autolenker kann weder eine SMS noch einen Testnachweis auf Papier vorlegen, er wird von der Polizei auf der Autobahn hinaus und wieder zurück eskortiert - die Einsatzkräfte müssen sicherstellen, dass er nach der Grenze nicht weiterreist.
An den Grenzübergängen zu anderen Bundesländern haben Reisende die Möglichkeit, einen fehlenden Test noch vor Ort in einem der mobilen Testbusse nachzuholen. 250-mal ist das bis Freitagmittag an den Grenzen zu Vorarlberg und Salzburg passiert. Kein einziger Test sei positiv gewesen, erklärt Christoph Seidner, Presseoffizier beim Tiroler Militär. Kontrolliert wird auch in den Zügen. Wie viele Personen abgewiesen werden mussten, konnte am Freitag nicht beantwortet werden - es seien aber „sehr wenige gewesen“, sagt Seidner. Die Regelung gilt für zehn Tage - und stellt für Polizei und Heer eine Mammutaufgabe dar. 49 Grenzübergänge gilt es zu überprüfen, 1200 Einsatzkräfte stehen dafür in der Kälte, minus 16 Grad hatte es beim Lokalaugenschein in Waidring.
Nötig macht all das die rasante Ausbreitung der südafrikanischen Mutation in Tirol - 219 Fälle wurden bestätigt und das Bundesland, wie berichtet, auch von Deutschland als Mutationsgebiet eingestuft. Damit tritt ein Beförderungsverbot für Fluggesellschaften, Bahn-, Bus- und Schifffahrtsunternehmen in Kraft. Die Deutsche Bahn stellt demnach den Fernverkehr nach Tirol ein. Die Grenzkontrollen der Nachbarn werden in der Nacht auf Sonntag eingerichtet, erklärte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag. „Wir sind für ein freies Europa“, sagte Söder, aber in Zeiten einer Pandemie müsse die Sicherheit oben stehen. Auch für Pendler wird es keine Ausnahmen geben.
Aus Tirol dürfen somit nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in Deutschland, landwirtschaftliche Saisonarbeitskräfte und Gesundheitspersonal einreisen, wie das deutsche Innenministerium in Berlin am Freitagabend mitteilte. Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder aus Tirol dürfen demnach auch einreisen, aber nur wenn sie gemeinsam mit dem deutschen Angehörigen die Grenze passieren.
Einschleppung der Mutation: Neue Spur
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte zudem ein „massives Intensivieren der Kontrolltätigkeiten“ in Tirol an - Stichwort: „Umgehen der Zweitwohnsitz-Regelung.“ „Ein ganz, ganz dichtes Netz an Testungen“ soll ein Weiterverbreiten der Virusvariante verhindern. Und während alles versucht wird, damit die südafrikanische Mutation nicht aus Tirol herauskommt, wird ermittelt, wie sie hineinkam. Nun gibt es eine Spur, die laut Elmar Rizzoli, Tiroler Corona-Einsatzleiter, nach Niederösterreich führt. Ein dort lebender Tiroler könnte die Variante von einer Geschäftsreise in Südafrika mitgebracht und einen Bekannten in Tirol angesteckt haben - und zwar jenen Patienten, bei dem am 23. Dezember eine Corona-Infektion festgestellt und im Nachhinein die erste Südafrika-Mutante in Tirol gefunden worden war.
Von der Dienstreise zurückgekehrt sei der Mann am 10. Dezember, „am Tag nach der Rückreise ist er nach Niederösterreich übersiedelt, wo er positiv auf Covid-19 getestet wurde“, informiert die NÖ Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig. „In Niederösterreich gab es keine weiteren Ansteckungen, somit wurde das südafrikanische Virus aus Tirol nach derzeitigem Kenntnisstand nicht nach NÖ gebracht“, so Königsberger-Ludwig.
Kronen Zeitung/krone.at
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