"Soziale Schande"

Tausende Menschen bei Demo gegen Sparpläne in Wien

Österreich
27.11.2010 17:10
Trotz der Budget-Abfederungen, die Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll am Samstagvormittag bekannt gaben, sind am Nachmittag Tausende Demonstranten in Wien auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen das Sparpaket der Regierung, insbesondere die Kürzungen in den Bereichen Familien und Pflege. Slogans wie "soziale Schande", "Augenauswischerei" sowie "Mix aus Planlosigkeit und geplanter Bösartigkeit" prägten die Kundgebung, die nach rund drei Stunden ohne Zwischenfälle beendet wurde.

Nach Angaben der Polizei nahmen an der Demonstration von der Urania zum Ballhausplatz rund 4.000 Menschen teil. Das Organisationskomitee zählte 13.000 Personen bei der Schlusskundgebung vor dem Kanzleramt. Für die Budgetrede am Dienstag haben die rund 100 Organisationen, die am Samstag zur Demo aufgerufen hatten, erneute Proteste angekündigt.

"Kluft zwischen Arm und Reich verschärft"
Luitgart Derschmidt von der Katholischen Aktion befand, das Budget sei eine "soziale Schande". Der Sparstift werde bei jenen angesetzt, die keine Lobby hätten, prangerte sie die geplanten Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit an. Michaela Moser von der Armutskonferenz verlangte von der Koalition ein gerechtes Budget, das ein gutes Zusammenleben aller ermögliche: "Wer jetzt bei Pflege und Sozialem spart, verschärft die Kluft zwischen Arm und Reich."

Der Präsident des Katholischen Familienverbands, Clemens Steindl, sprach von einer "Augenauswischerei", Magdalena Schwarz von der Bundesjugendvertretung sah ein Missverständnis: Man wolle keine Abschleifungen, sondern überhaupt keine Einsparungen im Familien- und Sozialbereich.

ÖH wirft Regierung Planlosigkeit vor
Thomas Wallerberger von der Österreichischen Hochschülerschaft wandte sich in seinem Redebeitrag erneut gegen Kürzungen bei Familienbeihilfe und Pflege und warf der Regierung eine Mischung aus Planlosigkeit und geplanter Bösartigkeit vor. Die Abfederungen bei den Budgetplänen bezeichnete er als Kleinigkeiten: "Wir sind erst recht laut."

Die Erhöhungen bei der Mineralölsteuer prangerte Jürgen Michlmayr, Chef der Gewerkschaftsjugend, an. Auch Kürzungen bei der Familienbeihilfe bei arbeitssuchenden Lehrlingen stießen ihm sauer auf. Alternativ forderte Michlmayr die Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuer. Geld gebe es dann auch für die Zukunftsinvestitionen in der Bildung. Zu den derzeitigen Vorhaben der Regierung meinte der Junggewerkschafter: "Wer heute Schnittlauch anbaut, wird morgen keine Ananas ernten."

Opposition: "Missglückter Gag", "Murks", "zukunftsblind"
Auch die Oppositionsparteien setzten am Samstag ihre verbalen Angriffe auf die Regierung fort. "Die Regierung hat sich entschlossen, in die letztklassige Schmierekomödie namens Budget einen weiteren völlig missglückten Gag einzubauen", kritisierte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl den gemeinsamen Auftritt von Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Pröll anlässlicher ihrer Einigung. "Ich konnte bisher keine Uneinigkeit erkennen. Es war klar, dass beide Parteien den Mittelstand voll belasten, die Familien und die Ärmsten der Bevölkerung schröpfen und die Autofahrer einmal mehr zur Melkkuh machen wollen", so Kickl. Dass die Kürzung der Familienbeihilfe auf Juli verschoben werden soll, werde die Familien kaum trösten.

"Die paar kosmetischen Korrekturen, die die Regierung heute angekündigt hat, ändern nichts am rot-schwarzen Zukunftsklau", zeigte sich der Budgetsprecher und Vizechef der Grünen, Werner Kogler, ebenfalls unzufrieden. Es bleibe dabei: "Es gibt kein zusätzliches Geld für Unis und Schulen." Der "Murks" bei Familienbeihilfe, Pflege und Mehrkindzuschlag werde zudem fortgesetzt, so Kogler. "Das SPÖ-ÖVP-Budget bleibt mutlos, ungerecht und bildungsfeindlich, es beraubt die Jugend ihrer Zukunftschancen, kurz: Es ist zukunftsblind."

"Diese Abfederungen sind eine reine Pflanzerei", stimmte auch BZÖ-Obmann Josef Bucher in den Kritiker-Chor ein. "Nach diesen rot-schwarzen Abschleifungen bleiben die Belastungen für die Familien, Studenten und Pendler weiterhin im akuten Schmerzbereich." Die Änderungen, auf die man sich geeinigt habe, seien "maximal eine schwache Beruhigungspille für die Bevölkerung, aber sicher nicht mehr". Bucher sprach außerdem von "Grauslichkeiten und Ungerechtigkeiten".

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