Österreich zählt zu den reichsten Ländern der Welt. Trotzdem sind - wie berichtet - immer mehr Menschen auf Sozialmärkte angewiesen. Die „Krone“ besuchte am Dienstag eine Filiale in Neubau.
„Ich habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet. Trotzdem hat es am Ende nicht für mehr als die Mindestpension gereicht“, erzählt Fritz B. Seit fast einem Jahrzehnt ist er im Sozialmarkt SOMA in der Neustiftgasse 73 im 7. Bezirk bereits Kunde. Jeden Tag holt er sich hier seine Grundnahrungsmittel, die bis zu 90 Prozent günstiger sind als im herkömmlichen Supermarkt. Ohne dieses Angebot würde der Wiener seinen Kühlschrank kaum füllen können.
Doch nicht nur Mindestpensionisten sind von Armut betroffen. Das zeigt sich schon kurz vor zehn Uhr am Eingang des Markts, als sich bereits eine Schlange bildet. „Wir haben vor allem in letzter Zeit verstärkt bemerkt, dass auch immer mehr Selbstständige zu uns kommen, die in der Corona-Krise ihren Job verloren haben“, schildert der Leiter der Sozialmärkte des Wiener Hilfswerks, Peter Kohls. „Auch Vollzeitangestellte mit geringem Einkommen oder Alleinerziehende sind auf uns angewiesen.“ Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Sozialmarkt-Kunden um 20 Prozent gestiegen. Mittlerweile sind es bereits 4500 Wiener Haushalte .
Seit zwei Jahren kommt Giovanna Ferrante zum SOMA. Die Mindestpensionistin hat sich ihre kleine Rente bisher mit Nebentätigkeiten aufgebessert. „Seit Corona ist das aber nicht mehr möglich. Es ist momentan wirklich sehr schwer“, sagt die 63-Jährige mit einem gequälten Lächeln. Der Sozialmarkt helfe ihr aber, über die Runden zu kommen.
Hermine Bauer nimmt einmal im Monat trotz Gehbehinderung den weiten Weg mit den Öffis vom 14. Bezirk nach Neubau auf sich, um sich die günstigen Lebensmittel zu holen. Auch die 73-Jährige lebt von der Mindestpension. „Für einen vollen Einkaufswagen zahle ich hier zehn bis zwölf Euro. Ich kaufe aber auch nur das, was seinen Wert hat“, betont sie.
Die Waren erhält der Betrieb im reichen Österreich ausschließlich von privaten Spendern und Unternehmen wie Bäckereien oder Groß- und Supermärkten. „Die Kunden sind sehr dankbar und zeigen das auch“, beschreibt Mitarbeiterin Angelika Aigner, die einen Großteil der Stammkunden kennt. „An manchen Tagen ist es wirklich sehr voll. Es werden immer mehr.“ Immer mehr, für die ohne Sozialmarkt der Kühlschrank leer bliebe.
Viktoria Graf, Kronen Zeitung
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