„Männerpension“

Hacklerregelung: ÖVP will ihr Ende, Grüne bremsen

Politik
21.10.2020 14:58

Die ÖVP hat am Mittwoch ihr Vorhaben untermauert, die vor der Wahl beschlossene Neuauflage der Hacklerregelung zurückzunehmen. ÖVP-Vizeklubchefin Gaby Schwarz berichtete am Vormittag von einer Vereinbarung mit den Grünen, Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) verkündete das offenbar bereits beschlossene Ende bereits zu Mittag im Anschluss an die Regierungssitzung. Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte allerdings, man wolle zunächst noch einen entsprechenden Bericht der Alterssicherungskommission abwarten. Kritik gab es umgehend von SPÖ und FPÖ.

Durch eine Ausweitung der Langzeitversichertenpension kurz vor der Nationalratswahl kann man seit heuer nach 45 echten Beitragsjahren mit 62 ohne Abschläge in den Ruhestand treten. Profitieren können nur Männer, da das Antrittsalter für Frauen bei 60 liegt. Dies nahm Aschbacher im Anschluss an den Ministerrat am Mittwoch auch als Argument für die bevorstehende Abschaffung. Es sei ein „ungerechtes System“, das Männer bevorzuge.

ÖVP-Schwarz sieht reine „Männerpension“
ÖVP-Vizeklubobfrau Schwarz hatte der Parteikollegin die Schiene gelegt und die Regelung am Mittwochvormittag in einer Aussendung als eine reine „Männerpension“ bezeichnet. Dieses „ungerechte System“ werde nun mit den „notwendigen Übergangsfristen“ repariert, so Schwarz. Beschlossen werden soll das laut ÖVP im November - mit der Pensionserhöhung für 2021.

Rücknahme bereits im Jänner angekündigt
Dass es eine Verknüpfung mit dem von den Grünen forcierten Arbeitslosenbonus gab, wollte Aschbacher indessen nicht bestätigen. Die ÖVP hatte bei der neuen Hacklerregelung schon im Vorjahr nur widerwillig zugestimmt, weil sie sonst auch gegen die zugleich abgestimmte Pensionserhöhung hätte stimmen müssen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte bereits zu Jahresbeginn angekündigt, die Maßnahme wieder zurückzunehmen. Auch Vizekanzler Werner Kogler kritisierte damals das Modell: „Eine Regelung nur für Männer, da sträubt sich was in mir.“

Anschober bremst: „Klares Prozedere festgelegt“
Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte dazu am Mittwoch, er wolle vor einer Reform noch den nächsten Bericht der Alterssicherungskommission abwarten. Er habe diesbezüglich schon länger ein klares Prozedere festgelegt. Die Kommission möge sich die aktuellen Zahlen aus dem Jahr eins der erweiterten Regelung, also 2020, ansehen und einen Bericht vorlegen. Dann werde man sich das System insgesamt ansehen, und wie man zu mehr Gerechtigkeit kommen könne.

Dass die ÖVP weiterhin für die Abschaffung eintritt, bedeutet für den Sozialminister keine Überraschung. Dies sei die stringente Fortsetzung von deren Politik.

SPÖ und FPÖ kündigen Widerstand an
SPÖ, FPÖ und rote Gewerkschafter stemmen sich dennoch - wie bereits im Frühjahr - gegen die Abschaffung. „Wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, soll danach weiterhin ohne Abschläge in Pension gehen können“, forderte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Mittwoch mit Verweis auf die hohe Arbeitslosigkeit. Namens der FPÖ kündigte Niederösterreichs Landeschef Udo Landbauer massiven Widerstand an. Landbauer sieht einen „Anschlag auf die Leistungsträger“ durch die ÖVP: „Ich kenne keine andere Partei in diesem Land, die einen derart arbeitnehmerfeindlichen Zugang hat.“

Empört reagierte auch der Vorsitzende der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, Rainer Wimmer. Der SPÖ-Gewerkschafter hält das von der ÖVP vorgebrachte Argument, dass die Hacklerregelung nicht für Frauen gilt, für „fadenscheinig“: „In wenigen Jahren wird das Pensionsalter angehoben, dann profitieren auch sie. Und um Frauen den Zugang zu erleichtern, werden fünf Jahre an Kindererziehungszeiten berücksichtigt.“ Millionenschwere Steuerentlastungen für Agrarbetriebe greife die ÖVP nicht an, stattdessen wolle sie bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sparen, die oft am Ende ihrer Kräfte seien, kritisierte Wimmer.

Auch der Vorsitzende des SP-Pensionistenverbandes, Peter Kostelka, forderte die Beibehaltung der abschlagsfreien Pension nach 45 Beitragsjahren. Er sieht durch die Reform auch den Vertrauensschutz gefährdet.

Junge Industrie hält Hacklerregelung für reinen Populismus
„Erfreulich und begrüßenswert“ wäre die Reform dagegen für die Junge Industrie. „Die sogenannte Hacklerregelung im Zuges des Wahlkampfes 2019 wiedereinzuführen, war unverständlicher Populismus und mit Blick auf Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit vollkommen kontraproduktiv“, befand JI-Vorsitzender Matthias Unger. Die Kosten des Pensionssystems seien ohnehin zu hoch. Durch Corona und die hohe Arbeitslosigkeit würden Beiträge der Aktiven wegbrechen. Es drohe eine „Kostenexplosion“, daher müsse man gegensteuern.

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