Studie zeigt:

Im Lockdown wurden viel weniger Tumore entdeckt

Tirol
21.10.2020 10:00

Eine Studie aus Innsbruck mit Zahlen aus ganz Österreich zeigt die Folgen fehlender Routinekontrollen in der Frauenheilkunde auf. Bis zu 50 Prozent weniger Krebsdiagnosen wurden in der Zeit des Lockdowns erstellt. Was auf den ersten Blick gut klingt, ist allerdings besorgniserregend. Die zentralen Botschaften der Mediziner: Vorsorge nicht vernachlässigen! 

Die Angst vor einem zweiten Lockdown geht um. Die drastische Maßnahme wurde im Frühling gesetzt, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Doch ausgerechnet für die Gesundheit der Bevölkerung kann das gefährliche Folgen haben. Das zeigt eine österreichweite Studie, die an der Innsbrucker Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe unter der Leitung von Professor Christian Marth erstellt wurde.

Daten aus 18 Medizin-Zentren in Österreich
Der Lockdown hat dort - wie in vielen Häusern - den Vorsorgebetrieb nahezu lahmgelegt. Die allermeisten Termine wurden abgesagt und verschoben. Mit Folgen, die derzeit noch nicht abschätzbar sind. Was Direktor Christian Marth und seine Mitarbeiter an der Klinik für Frauenheilkunde aber ganz genau wissen, sind die unmittelbaren Effekte des Lockdowns in ihrem Fachgebiet, in dem es um die für den Heilungserfolg so wichtige Früherkennung von Brustkrebs und anderen gynäkologischen Karzinomen geht. Marth betreute eine österreichweite Studie, deren Ergebnisse dieser Tage publiziert und international viel beachtet wurden. Daten aus 18 Medizin-Zentren in Österreich flossen in die Erhebung ein.

Extreme Auswirkungen im April und im Mai
Die Ergebnisse machen am Beispiel Frauenheilkunde sichtbar, was Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen beobachteten: Neben Corona gerieten viele andere wichtige Gesundheitsthemen aus dem Blickfeld. „Im März hatten wir bereits um 24 Prozent weniger Krebsdiagnosen. Im April und Mai sogar um 49 Prozent weniger“, zitiert Marth die zentrale Aussage der Studie.

Rückgang bei Diagnosen keine gute Nachricht
Eine gute Nachricht ist das allerdings nicht. Sie bedeutet nur, dass die Vorsorge vernachlässigt wurde. Für den Mediziner gibt es mehrere Gründe für den dramatischen Rückgang: „Die Ärzte hatten ein reduziertes Angebot. Zum anderen hatten die Patientinnen Angst davor, ins Krankenhaus zu gehen. Sie fürchteten, sich mit Covid-19 anzustecken.“ Der Mediziner kennt sogar Fälle, in denen Krebspatientinnen wichtige Termine für eine Chemotherapie absagten. Die Gefahr, sich in einem Krankenhaus mit dem Coronavirus anzustecken, sei allerdings denkbar gering, versucht Marth zu beruhigen.

In der Folge mehr schwere Krebsleiden?
Wie geht es weiter? Ist in der Folge mit einem Anstieg schwerer Krebsleiden zu rechnen? Eine Prognose will Marth nicht abgeben. Am Beispiel Brustkrebs meint er, „dass eine Terminverschiebung um zwei oder drei Monate keine gravierenden Folgen haben sollte.“ Der Experte fürchtet aber, dass viele Frauen vor dem Hintergrund der jetzt wieder steigenden Corona-Zahlen die Vorsorge gleich auf das nächste Jahr verschieben. „Das ist gar keine gute Idee. Bis dahin kann sich zu viel tun.“ In einer Folgestudie sollen nun die weiteren und langfristigen Auswirkungen untersucht werden. Immer mehr Mediziner warnen vor Langzeitfolgen.

Claudia Thurner, Kronen Zeitung

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