Wenig „Beweissubstrat“

Kindesmisshandlung: Eltern wurden freigesprochen

Kärnten
30.06.2020 14:20

Ein 28-jähriger Mann und seine ehemalige Lebensgefährtin (29) sind am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt vom Vorwurf der Kindesmisshandlung freigesprochen worden. In der Begründung ihres Urteils sagte Richterin Michaela Sanin, dass „so wenig Beweissubstrat“ vorhanden war, dass ein Freispruch zu fällen gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden vorgeworfen, den neunjährigen Sohn der Frau immer wieder mit Gürtel und Handy-Ladekabel geschlagen zu haben. Außerdem hätten sie den Buben mit Brennnesseln eingerieben. Zumindest hatte das Kind dies gegenüber seinen Betreuern gesagt. Auch die heute knapp achtjährige Tochter hatte ähnliche Angaben gemacht. Die Angeklagten hatten stets ihre Unschuld beteuert.

Gutachterin: „Widersprüchliche Aussagen“
Die Verhandlung am Dienstag drehte sich vor allem um das Gutachten der Kinderpsychologin Ulla Redtenbacher-Müller. Sie sieht die Aussagefähigkeit der Kinder „stark eingeschränkt“; die Geschwister würden Entwicklungsverzögerungen aufweisen.

Das Mädchen habe Schwierigkeiten, die Quellen ihrer Erinnerungen einzuordnen, der Bub habe „deutliche Probleme bei der Wiedergabe von etwas komplexeren Sachverhalten“ und widersprüchliche Angaben gemacht. Außerdem habe er gewisse Dinge - wie etwa das Einreiben mit den Brennnesseln - nicht von selbst erwähnt, sondern erst auf Nachfrage. Dabei habe er aber als Täter die Großmutter genannt.

Suggestion im kämpferischen Sorgerechtsstreit
Aus psychologischer Sicht seien die Aussagen der beiden nicht als zuverlässig zu bewerten. Und man müsse den jahrelangen Sorgerechtsstreit der Eltern beachten: „Suggestionsprozesse im Vorfeld der Aussage können nicht zurückgewiesen werden.“ Auch, weil sich beide Kinder besser an „neutrale“ Geschehnisse erinnern konnten als an jene, die den Angeklagten vorgeworfen wurden.

Den Sorgerechtsstreit führte auch Richterin Sanin in ihrer Urteilsbegründung an: „Es ist selten, dass ein Konflikt so kämpferisch ausgetragen wird.“ Striemen und blaue Flecken am Körper des Buben vom Handy des Vaters seien laut eines Gutachters „völlig untypisch für Verletzungen durch fremde Personen“. Nicht zuletzt spielte das Gutachten von Redtenbacher-Müller eine große Rolle: „Man kann einfach nicht ausschließen, dass den Kindern etwas suggeriert wurde.“

Staatsanwältin Nicole Sembach gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.

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