Zeit der Ungewissheit

Wie teuer kommt uns die Corona-Krise zu stehen?

Politik
19.04.2020 07:18

Zwei Worte prägen zurzeit das Leben: Hoffnung und Angst. Einerseits gibt es weniger Neuinfizierte sowie erste Schritte zurück in eine Art von Normalität. Andererseits drängt sich die Frage auf: Was kommt danach auf uns zu? 600.000 Arbeitslose (trauriger Rekord seit 1946), genauso viele in Kurzarbeit (die Regierung hat dafür auf vier Milliarden aufgestockt). Es drohen Massenpleiten.

„Die Kurzarbeit zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit ist ein sinnvolles Instrument“, sagt Martin Kocher, Professor für Volkswirtschaft am Institut für höhere Studien (IHS). „Eine gewisse Zeit wird das auch funktionieren. Die Frage wird sein, wie lange?“ Kocher zeichnet zwei Szenarien. „Bekommen wir die Pandemie bald in den Griff und schwindet die Unsicherheit, können wir steil aus diesem Konjunkturtief herausstarten. Es ist ja nichts zerstört. Das Kapital ist da. Die Leute kriegen ihre Gelder und Unterstützungen.“ Aber es gibt auch ein anderes Szenario. „Die Krankheit flammt wieder auf, wir haben noch länger keine Medikamente und Impfungen. Dann droht eine tiefe Rezession.“

Lebensmittel könnten erheblich teurer werden
Das Leben für die Bürger könnte jedenfalls teurer werden, orakeln Experten in Deutschland. Vor allem die Lebensmittel. In Österreich betreiben Arbeiterkammer und Wirtschaftsministerium Preismonitoring. „Zurzeit gibt es keine spektakulären Preisentwicklungen bei den Gütern des täglichen Bedarfs. Trotzdem werden wir hier besonders genau hinschauen“, sagt Christa Schlager, Leiterin der AK-Wirtschaftspolitik.

Die Gefahr der steigenden Inflation
Volkswirtschafter Kocher blickt nach vorn: „Es werden viele Milliarden in den Markt gepumpt. Das dürfte uns längerfristig, also in ein bis vier Jahren, höhere Inflationsraten bescheren. Das wird sich in den Preisen in gewissen Bereichen niederschlagen.“

Opposition fordert Erhöhung des Arbeitslosengelds
ÖGB und SPÖ fordern indes prophylaktische Maßnahmen, um die Leute zu schützen - etwa höhere Arbeitslosengelder auf 70 Prozent. Josef Wöss, Experte für Sozialpolitik bei der AK, unterstützt dieses Begehr (das die Regierung schon abgelehnt hat): „Schlimm trifft die Krise diejenigen, die durch Corona über Nacht Arbeit und Einkommen verloren haben. Viele sind Geringverdiener. Sie bekommen Arbeitslosengeld, aber mit 55 Prozent ist der Einkommensersatz viel zu niedrig.“

Die Frage nach Steuern für Vermögende
Martin Kocher bremst: „Ich verstehe diese Anliegen. Aber derartige strukturelle Einschnitte im System würde ich nicht vornehmen. Sie kämen auch viel zu früh. Wenn sich die Lage nicht ändert, dann muss man generell vieles überdenken, auch die Steuermodelle. Man darf auch nicht die Belastungen für das Budget außer Acht lassen.“ Gleiches gelte für die immer wieder geforderten Vermögens- oder Erbschaftssteuern (laut aktueller Karmasin-Studie sind 58 Prozent der Bevölkerung dafür), die von der Kanzlerpartei ÖVP strikt abgelehnt werden.

Sozialstaat muss in der Krise finanzierbar bleiben
38 Milliarden Euro Steuergeld hat Österreichs Regierung für die Rettung aus der Corona-Not lockergemacht. „Koste es, was es wolle“, dieser Satz von Kanzler Kurz sei wichtig und richtig, sagt Sozialpolitiker Wöss. „Aber die Finanzierung der Krisenkosten muss sein, dass der Sozialstaat, dessen Bedeutung sich gerade jetzt zeigt, erhalten bleibt. Und dass nicht die unteren Einkommensgruppen zum Handkuss kommen. Die Arbeit der Regierung wird zentral daran zu messen sein.“ Vizekanzler Werner Kogler kündigte am Samstag einen Schritt in diese Richtung an: „Die Steuersenkung für die untersten Einkommen soll nächstes Jahr kommen.“

Kronen Zeitung

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