„Krone“-Interview

Black Pumas: Der neue Stern am US-Bandhimmel

Musik
10.03.2020 06:00

Vor drei jahren fanden sich Sänger Eric Burton und Gitarrist Adrian Quesada zusammen. Der eine war Straßensänger und unbelohntes Talent, der andere hatte mit der Grupo Fantasma schon die Welt gesehen, fühlte sich aber in seiner Kreativität beschränkt. So gründeten die beiden 2017 die Funk-, Soul-, Rock-Band Black Pumas, begeisterten mit ihrem Debütalbum und wurden sogar für einen Grammy 2020 nominiert. Im „Krone“-Interview zeigt sich Quesada trotzdem total am Boden geblieben und erklärt, warum man sich vom Hype der Außenwelt nicht aus dem musikalischen Konzept bringen lässt.

(Bild: kmm)

„Krone“:Adrian, ihr seid momentan die Band der Stunde. Ein famoses Debütalbum, eine Grammy-Nominierung, ausverkaufte Hallen und explosive Live-Konzerte - wie geht ihr mit der derzeitigen Popularität um?
Adrian Quesada:
Wir sind mit der Arbeit so beschäftigt, dass wir eigentlich noch keine Zeit hatten, das wirklich zu realisieren. Das Wochenende bei der Grammy-Verleihung war aber wirklich schön, um kurz innzuhalten und den Moment zu genießen. Und auch zu realisieren, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Wir hätten natürlich niemals mit so einer Nominierung gerechnet und dann mit diesen Künstlern in einem Raum zu sitzen war phänomenal. Ehrlich gesagt sind wir aber sofort wieder zur Arbeit zurückgekehrt und auch auf Tour schreiben wir dauernd an Material. Wir machen eben, was wir immer machen.

Was ist deiner Meinung nach das Erfolgsgeheimnis? Warum klappt bei euch derzeit einfach alles?
Das liegt an mehreren Dingen. Bevor wir eine Liveband waren und Eric bei uns zu singen begann, war das ein reines Studioprojekt, das Songs aufnahm. Das Ziel war immer, Songs zu schreiben, die wir selber gerne hören würden. Als wir dann mit Konzerten begannen, wussten wir anfangs gar nicht, was wir wollten. Wir wollten anfangs für zwei Monate spielen und abchecken, ob es unseren Freunden gefällt. Eric ist aber ein dermaßen guter Performer, der so gut mit dem Publikum kommuniziert, dass wir fühlten, hier ist mehr drin. Er war lange Straßenmusiker und weiß genau, wie er die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Außerdem haben wir eine famose Band und ich habe viel Erfahrung als musikalischer Direktor - es liegt also wohl an all diesen Dingen.

Hast du die Songs des Debütalbums eigentlich geschrieben, bevor Eric Teil der Black Pumas wurde?
Ungefähr die Hälfte davon waren Instrumentals, bevor ich Eric traf. Er schrieb dann die Texte dazu und sang darauf. Songs wie „OCT 33“ oder „Colors“ kamen direkt von ihm. Wir hatten damals gerade einen Sound gefunden, der zu uns passte und dann merkten wir schnell, dass Erics Songs eigentlich perfekt reinpassen.

Hast du dich eigentlich auch um andere Sänger umgesehen oder andere Sänger ausgetestet?
Nein. Die Black Pumas sind erst Eric und ich geworden. Ich wollte schon eine Band haben und etwas musizieren, aber es war vor seiner Teilnahme alles viel zielloser. Die Black Pumas haben sich erst durch uns beide herausgeformt.

Wie sieht euer Arbeitsprozess im Alltag aus?
Einmal die Woche haben wir früher zusammen geprobt, mittlerweile findet das öfter statt. Aber so richtig kennengelernt haben wir uns tatsächlich erst auf Tour. Wir verbringen alle zusammen wirklich viel Zeit und sind seit zwei Jahren unterwegs. Man lebt ja mehr zusammen als mit der eigenen Familie. Da muss es dann auch zwischenmenschlich passen.

Du bist 13 Jahre älter als Eric, es gibt also einen markanten Altersunterschied zwischen euch, und außerdem habt ihr beide verschiedene musikalische Sozialisierungen. Sind das mitunter Gründe für euren Erfolg?
Es gibt ganz klar das Yin und Yang zueinander. Er ist in vielen Bereichen das absolute Gegenteil von mir, aber wir beide teilen die unbändige Passion für ehrliche Musik und darum ging es in erster Linie. Wir beide haben schon viele verschiedene Dinge in unseren Karrieren ausprobiert, aber wir mögen beide grundsätzlich schon dieselbe Art von Musik.

Du warst jahrelang Mitglied der durchaus erfolgreichen Grupo Fantasma. Dort konntest du deine Kreativität aber nicht so ausleben. Führte das schlussendlich zu den Black Pumas?
Die Band wurde so groß und so maschinell, dass wir irgendwann den Fokus darin verloren haben. Wir waren die ganze Zeit auf Tour und zu dieser Zeit bekam ich mit meiner Frau gerade mein erstes Kind. Ich wollte also nicht mehr so oft auf Tour sein und etwas mehr von mir in die Musik einfließen lassen. Ich lernte, in einem großen Ensemble zu spielen und konnte viele Erfahrungen mit tollen Musikern sammeln, aber kreativ fühlte ich mich etwas unterfordert. Bei den Black Pumas haben Eric und ich die komplette Kontrolle über alles, was wir tun. Das wäre in der Grupo Fantasma so natürlich nicht möglich gewesen.

Wie findet ihr mit euren Ideen zusammen? Wann habt ihr das Gefühl, dass aus zwei verschiedenen Ansätzen etwas Gemeinschaftliches am Entstehen ist?
Das geht relativ schnell. Wir schreiben alle Ideen auf und sorgen dann für die Demos. Auch wenn wir bei Konzerten einen Soundcheck haben, wissen wir nach spätestens fünf Minuten, in welche Richtung etwas gehen soll. Unsere Liveshow ist mittlerweile an einem Punkt angekommen, dass wir auch mehr experimentieren können und Ängste verloren haben. Die Leute akzeptieren mittlerweile, dass sich unsere Songs auch verändern können.

Euer Album ist catchy und experimentell zugleich in einer sehr speziellen Art und Weise. Seht ihr euch eigentlich als Botschafter der handgemachten, ehrlichen Musik?
Möglicherweise sind wir das, aber da gibt es noch viele andere Bands, die Soul machen. Wir haben natürlich unsere Stimme verlautbart und sind sehr stolz darauf, wenn wir so wahrgenommen werden. Es ist einfach großartig zu sehen, wie all diese Bands da draußen ihren Teil dazu beitragen und den organischen Soul am Leben erhalten.

Du scheinst persönlich ziemlich stark im Sound der 60er-Jahre verwurzelt zu sein?
Das ist meine favorisierte Ära, aber ich mag auch Hip-Hop und sehr viel moderne Musik. Das haben Eric und ich gemeinsam. Ein Freund von mir hat einmal gesagt, du kannst nicht so tun, als wäre der Hip-Hop nie passiert. Er hatte so einen bedeutsamen Einfluss in meinem Leben, als ich Teenager war. Natürlich war auch der Rock’n’Roll da, aber ich habe den Soul, den Funk und auch den Jazz über den Hip-Hop für mich entdeckt. Wenn ich mich auf alte Musik beziehe, dann blicke ich immer durch den Hip-Hop-Filter.

Gibt es eigentlich Grenzen bei den Black Pumas, die ihr musikalisch niemals übertreten würdet?
Bislang noch nicht. Es gibt schon Songs, die etwas mehr Zeit gebraucht haben, weil wir damit aus unserer Komfortzone gegangen sind. Aber ich sehe derzeit keine Beschränkungen.

Du warst früher auch in einer Band namens Brown Sabbath und hast dort eher harten Klängen am Rande des Heavy Metal gefrönt. Wäre auch so etwas bei den Black Pumas vorstellbar?
Es kann schon sein, dass wir auf dem nächsten Album ein paar dieser Einflüsse draufpacken, aber wichtiger ist uns im Endeffekt, den Jazz und auch den Funk weiter in den Vordergrund zu stellen. Der Soul ist natürlich immer die Klammer.

Eric ist in Los Angeles in einer religiösen Umgebung aufgewachsen. Ist Religion etwas, das für die Black Pumas von höherer Bedeutung ist?
Ich weiß nicht, ob er sich der Kirche und der Religion heute noch so nahe fühlt, aber es gibt auf jeden Fall eine gewisse Spiritualität, die sich durch sein Schaffen zieht. Kontakt und Gemeinschaft sind im wichtig in seinen Texten. Es geht darum, Leute zusammenzubringen - und das ist wiederum sehr nahe an einem Priester in einer Kirche.

Du hast auch schon oft betont, dass die Black Pumas ausdrücklich nichts mit Politik zu tun haben. Diese Assoziationen hättet ihr euch aber vorher denken können, wenn ihr einen derartigen Namen wählt…
Ja, das stimmt natürlich, aber der Name war einfach cool und heutzutage ist es nicht mehr so einfach, einen guten Bandnamen zu finden. Es ist auch nicht so, dass wir als Persönlichkeiten nicht politisch wären und keine klare Einstellung zu Dingen hätten, aber die sind kein Teil unserer Botschaften in der Musik. Da geht es eher um die Liebe, Gemeinschaft oder Zeitlosigkeit.

Zieht ihr die Themen auch aus euren persönlichen Erfahrungen? Sind sie immer autobiografisch konnotiert?
Das kann dir Eric natürlich besser sagen, aber natürlich ist immer etwas von einem selbst in einem Text verankert.

Was ist dir wichtig, wenn du die Musik für die Black Pumas schreibst? Worauf legst du dabei deinen Fokus?
Die Basis des Sounds ist eine Art von Soul, die aus unseren Seelen kommt. Wir wollen keine anderen Größen kopieren, sondern das umsetzen, was wir in uns spüren. Die Black Pumas müssen nach uns klingen. Die Texte müssen Eric wiederspiegeln können und der Sound muss mit mir identifizierbar sein. Wenn das alles der Fall ist, dann haben wir unsere Ziele erreicht.

„Black Moon Rising“ dreht sich um die Macht der Weiblichkeit, „Colors“ wiederum setzt sich mit Gleichberechtigung und Gemeinschaftlichkeit auseinander. Ist es euch per se wichtig, immer etwas Gehaltvolles durch eure Songs zu vermitteln?
Da muss ich auch wieder vermuten, weil es Erics Texte sind, aber er mag die Abstraktion. Er schreibt oft klare Themen nieder, setzt das dann aber so abstrakt um, dass sie nicht sofort erkennbar sind und sich andere Menschen auch damit identifizieren können. Das macht uns wahrscheinlich auch speziell.

Du lebst schon seit Ewigkeiten in Austin, Texas. Einer richtigen Musikstadt, wo es tonnenweise tolle Musiker gibt. Gibt es dort eigentlich viel Wettbewerbsdenken und Rivalität? Spornt dich das Talent der dortigen Musiker etwa selbst zusätzlich an?
Diese Band konnte so auch nur in Austin entstehen. Das Schöne an dieser Stadt ist, dass die Rivalität auf einer sehr positiven Basis vonstattengeht. Jeder ist mit jedem befreundet, die Community funktioniert und die Musiker respektieren und schätzen sich untereinander. Es gibt natürlich einen Wettbewerb, aber der ist sehr angenehm. Als wir die ersten Konzerte spielten, kamen alle möglichen Musiker aus der Stadt, um uns zu supporten und auch die Leute in unserer Band spielen oft in zwei bis drei anderen Combos. So ist Austin und das ist wirklich schön.

Welche Dinge haben sich in euren Leben eigentlich verändert, seid ihr vor knapp zwei Jahren so fulminant am Horizont aufgeploppt seid?
Eine Menge Dinge. (lacht) Ich bin so gut wie nie daheim, was gerade für mich, der eigentlich nicht mehr so oft auf Tour gehen wollte, natürlich anstrengend ist. Eric und ich lieben die Zeit im Studio, aber derzeit haben wir kaum Zeit dafür und können uns nicht konzentrieren. Wir sind derzeit kaum öfter als fünf Tage am Stück daheim. Zwei davon ruhst du mal aus und machst die Wäsche, an den zwei nächsten triffst du Familie und Freunde und am fünften Tag kannst du ohnehin schon wieder packen, um unterwegs zu sein. Wir nehmen dauernd Demos auf und speichern Ideen auf unseren Laptops und Smartphones, aber wir hätten so gerne Zeit, einfach konzentriert in einem Studio zu arbeiten. Derzeit geht sich das einfach nicht aus. Im Endeffekt ist uns der Schlaf derzeit wichtiger.

Wie sieht es mit deinem Privatleben aus? Ist es derzeit wesentlich schwieriger für dich, die Balance zwischen privat und Job zu halten?
Das ist immer schwierig zu sagen. Ich bin auf den Social-Media-Kanälen zum Beispiel jemand, der den Fans auch manchmal Einblicke ins Privatleben gibt, aber auch nicht zu viel, weil ich schon Dinge haben, die ich für mich behalten möchte. Es muss nicht jeder alles von mir wissen und da fällt es mir manchmal schwer, die richtige Linie zu ziehen. Ich bin jetzt aber auch niemand, der in der Öffentlichkeit besonders auffällt, da hat es Eric auf jeden Fall schwerer. (lacht)

Wie kriegst du ständig steigende Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Menschen mit? Die Dinge gehen bei euch ja wirklich sehr rasant vor sich.
Manchmal stresst es mich etwas und fühle mich dadurch beängstigt, aber ich lehne mich dann zurück und versuche einfach die schönen Seiten dieser Zeit auszukosten. Die Leute lieben die Musik und das ist auch der Grund, warum wir die Musik machen. Wir wollen ja, dass die Leute unseren Sound hören und je mehr, umso besser. Es wäre also sonderbar, würde mich die Aufmerksamkeit dann stören.

Mit dem Erfolg kommen natürlich auch die Einflüsterer. Glaubst du, dass es hinkünftig schwieriger für euch wird, so zu sein, wie ihr sein wollt? Keine Kompromisse eingehen zu müssen?
Selbst nach der Grammy-Nominierung, dem neuen Management und der ausverkauften Tour hatten wir nie das Gefühl, dass irgendjemand verhältnismäßig viel Druck auf uns ausübt. Den größten Druck machen wir uns ohnehin selbst, weil die Musik einfach gut werden muss. Wäre das Debüt nicht so gut ausgefallen, hätten wir natürlich trotzdem weitergemacht. Es gibt immer darum, sich zu verbessern. Wir laden uns auch gerade selbst sehr viel Druck auf, neue Musik zu schreiben und am nächsten Album zu arbeiten.

Das wird - neben den vielen Live-Shows - dann wohl auch der nächste Schritt bei euch sein?
Es gibt noch viele Konzerte, aber ich hoffe, dass wir in den nächsten Monaten endlich die Zeit im Studio haben werden, um das Material zu sortieren. Wir haben jedenfalls genug Material und Songs, um ein nächstes Album zu machen, nur mit der Umsetzung hapert es eben schon länger. Wir spielen zwei oder drei der neuen Songs auch schon live und das Album sollte - im besten Fall - 2021 rauskommen.

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