Nach jahrelangen finanziellen Querelen um die Abrechnungen, Rechnungshofkritik, Kritik an den hygienischen Verhältnissen, Absetzung des Leiters und Abzug von sanitätspolizeilichen Leichenöffnungen durch die Gemeinde Wien waren die Obduktionen an der Wiener Gerichtsmedizin mit Ende 2007 eingestellt worden. Forderungen unter anderem seitens der Ärztekammer nach einem Neubau wurden aus Kostengründen bisher nicht erfüllt. Statt dessen wurden 300 Quadratmeter des Gebäudes neu adaptiert.
Die staatsanwaltschaftlich angeordneten Obduktionen könnten in den Räumlichkeiten, die unter anderem über 32 Kühlboxen für Leichen verfügen, durchgeführt werden, so Schütz. Ob es auch wieder sanitätspolizeiliche Leichenöffnungen geben wird, ist allerdings noch unklar, es gebe derzeit Verhandlungen mit der Gemeinde Wien. Etwa 500 solcher Obduktionen könnten durchgeführt werden, allerdings sei dafür ein Anbau an das Gebäude und eine Renovierung des ersten Stocks nötig.
Einer "Medizin-Weltstadt wie Wien unwürdig"
Die Ärztekammer forderte in diesem Zusammenhang am Dienstag eine "große Lösung". Es sei einer "Medizin-Weltstadt wie Wien unwürdig", sanitätsbehördlich angeordnete Obduktionen von so genannten "Faulleichen" in Containern vor dem Zentralfriedhof durchzuführen, betonte Kammerpräsident Walter Dorner.
Neu ist an der Gerichtsmedizin aber nicht nur die Einrichtung. Seit März dieses Jahres ist Daniele Risser Leiter der Gerichtsmedizin, bis dahin hatte er das Department interimistisch geführt. Zudem wurde ein eigener Fachbereich "Forensische Anthropologie" geschaffen. "In den USA ist die forensische Anthropologie nicht erst seit 09/11 wesentlicher Bestandteil der Gerichtsmedizin. In Europa gewinnt das Thema durch die notwendigen Altersbestimmungen bei Asylwerbern immer mehr an Bedeutung", sagte Fabian Kanz, der mit der Leitung des Fachbereichs betraut wurde.
"Für die Gerichtsmedizin Wien wurde eine Lösung gefunden, die sowohl im Sinne der Polizei und Staatsanwaltschaft als auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Institut an der Medizinischen Universität Wien ist", sagte Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) anlässlich der Eröffnung. Rund eine Million Euro aus dem Budget der MUW sei dafür aufgewendet worden.
Wien dementiert Verhandlungen mit MUW
Die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SP) widersprach allerdings Rektor Wolfgang Schütz, wonach es derzeit Verhandlungen zwischen der Gemeinde und der Universität über eine Rückkehr der sanitätspolizeilichen Obduktionen an die Gerichtsmedizin gebe. Die MUW sei bisher nicht an die Gemeinde herangetreten, hieß es dazu seitens Wehselys Büro.
Die Universität habe derzeit Kapazitäten für die staatsanwaltschaftlich angeordneten Leichenöffnungen, für alles andere müssten erst die Kapazitäten geschaffen werden, ließ Wehsely ausrichten. Für eine Übernahme der Kosten eines derartigen Ausbaus sei man schlicht nicht zuständig. Unis seien Bundessache.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.