Regierung zittert

Salvini auf Sprungbrett zur ganzen Macht in Rom

Ausland
26.01.2020 12:48

Wenn die legendäre „Rote Bastion“ Italiens, die Provinz Emilia-Romagna, bei den Kommunalwahlen am Sonntag fällt, dann ist für Europas ärgsten Rechts-Populisten und Italiens populärsten Politiker, Matteo Salvini, der Weg frei für die ganze Macht in Rom.

Auf dem Weg zur Machtergreifung hat der Lega-Chef bereits seinen ehemaligen Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung, regelrecht aufgesogen. Fällt jetzt auch die Sozialdemokratie in „ihrer“ Provinz Emilia-Romagna, dann kann die gegenwärtige schwache Anti-Salvini-Koalitionsregierung in Rom dem Druck nicht mehr lange standhalten. Erst vor wenigen Tagen reichte Luigi Di Maio seinen Rücktritt als Chef der italienischen Regierungspartei Fünf Sterne ein. Außenminister in der Regierung von Premier Giuseppe Conte will er aber vorerst bleiben. 

Wird neuer Regierungschef bald Salvini heißen?
Salvini betrachtet die Kommunalwahlen als Sprungbrett zu allgemeinen Neuwahlen in Italien. Dazu unterstützt wird er von seinem Polit-Kumpanen, dem „ewigen“ Silvio Berlusconi, der heute mit seiner Mafiapartei den Sieg in der Provinz Kalabrien anpeilt. Wird also schon bald der neue Regierungschef Italiens Salvini heißen? Die Umfragen sprechen für sich.

Buch „Von Mussolini zu Salvini“
Über dieses Phänomen Salvini hat der frühere ORF-Italienkorrespondent Lorenz Gallmetzer kürzlich ein kenntnisreiches Buch geschrieben: „Von Mussolini zu Salvini“. Gallmetzer sieht einen roten Faden in Italiens Geschichte bei der Vorreiterrolle nationalpopulistischer, antidemokratischer Massenbewegungen, die dann ganz Europa überziehen: Benito Mussolini als der Erfinder des Faschismus mit Hitler als noch ärgeren Nachahmer, Oligarch Berlusconi als Vorreiter der Trump-Demagogie, Salvini als Vorreiter von dem, was Europa noch bevorsteht?

Salvini sammelt Stimmen von Enttäuschten
Mussolini hatte die Opfer und die Enttäuschten nach dem Ersten Weltkrieg gesammelt, Salvini sammelt die Opfer und Enttäuschten der Globalisierung in einem Staat. Die Demagogie, der besonders ordinäre Wortschatz und die Verachtung der demokratischen Spielregeln durch Salvini kennen keine Grenzen.

Gallmetzer geht der Frage nach, weshalb die Italiener auch nach dem Mussolini-Desaster immer wieder auf die Demagogen hereinfallen. Vermutung: Die Ära des Faschismus war nach dem Weltkrieg nie richtig aufgearbeitet worden. Es gab keinen „Nürnberger Prozess“. „Cavaliere“ Berlusconi hatte geschickt die Trümmer der christdemokratischen Hinterlassenschaft aufgenommen, und „Capitano“ Salvini reiht sich in den Machismo-Kurs der starken Männer mit den nackten Brüsten ein.

Über Mussolinis Kasperl-Attitüden hatte Europa viel zu lange gelacht - bis es zu spät war. Über die Tiraden des Volksverhetzers Salvini geht Europa - bisher jedenfalls - mit einem Achselzucken hinweg. Es wird dafür noch zahlen müssen.

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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