Die zweifache 800-m-Olympiasiegerin Caster Semenya hat sich im juristischen Marathon gegen die Testosteron-Vorschriften des Leichtathletik-Weltverbandes nicht ganz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durchsetzen können. Die Richterinnen und Richter in Straßburg stellten fest, dass die Südafrikanerin von der Schweiz in ihrem Menschenrecht auf ein faires Verfahren verletzt wurde.
Das Gericht sprach ihr 80.000 Euro für Kosten und Auslagen zu. Allerdings ließ das Gericht die Testosteron-Regeln unangetastet. Die Große Kammer stellte bei der Urteilsverkündung fest, dass in dieser Frage kein territorialer Bezug zwischen der Schweiz und Semenya bestand, weil sich der Streit um eine internationale Regelung des Leichtathletik-Weltverbandes drehte. Semenya hat immer wieder betont, eine Frau zu sein. Sie hat nach Angaben in ihrer Autobiografie keine Gebärmutter und keinen Eileiter.
Die dreifache Weltmeisterin hatte sich gegen die Vorschriften von World Athletics gewehrt, wonach sie zur Teilnahme an internationalen Wettkämpfen eine Hormonbehandlung zur Senkung ihres natürlichen Testosteronspiegels durchführen musste. Dazu hatte die 34-Jährige, die ihre Karriere inzwischen beendet hat, erfolglos vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne sowie dem Schweizer Bundesgericht geklagt.
Erstes Urteil fiel etwas anders aus
Das Gericht fällt diesmal eine andere Entscheidung als in der vorherigen Instanz 2023. Das EGMR-Urteil lautete damals, dass Semenya durch die Verbandsregeln diskriminiert worden sei. Dem hatten aber nur vier der sieben Richter zugestimmt. Daher hatte die Schweizer Bundesregierung eine erneute Verhandlung vor der 17-köpfigen Großen Kammer beantragt. Ihr Urteil ist nun endgültig. Der EGMR entschied, dass Semenyas Rechte in der Schweiz nicht gründlich genug gerichtlich überprüft worden waren.
Hintergrund ist, dass Sportlerinnen und Sportler gegen CAS-Urteile nur eingeschränkt vorgehen können. Das Schweizer Bundesgericht prüft lediglich, ob es vor dem Sportgerichtshof Verfahrensfehler gab. Nach Ansicht des Menschenrechtsgerichts erfordert diese Besonderheit „eine strenge gerichtliche Überprüfung, die dem Ernst der betroffenen Persönlichkeitsrechte angemessen ist.“ Die hätte das Schweizer Gericht in Semenyas Fall versäumt.
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